CIO 038 – Innovation und Stabilität in der IT = Ambidexterität

Exploitation und Exploration = Ambidexterität
Exploitation und Exploration = Ambidexterität

Hallo und herzlich willkommen zur Folge 38. In der heutigen Folge geht es um das Thema Stabilität und Innovationen, also um das Thema Ambidexterität in der IT. Ich gehe da gleich nochmal genauer darauf ein, was eigentlich Ambidexterität ist.



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Folgende Aspekte werden in der Podcast-Folge besprochen:

  • Was ist eigentlich Ambidexterität? [00:00:30]
  • Ausprägungen der strukturellen Ambidexterität [00:04:00]
  • Ausprägungen der kontextuellen Ambidexterität [00:07:00]
  • Der ambidextrous CIO [00:11:00]
  • Der ambidextrous IT-Mitarbeiter [00:13:30]

Viel Spaß beim Hören des Podcasts. Ich freue mich, wenn Sie ein kurzes Feedback hinterlassen, wie Ihnen die Folge gefallen hat und Sie mit diskutieren.

Was ist eigentlich Ambidexterität?

Zunächst mal, wie komme ich auf dieses Thema? Viele IT-Manager sehen sich derzeit vor einigen Herausforderungen gestellt, in denen sie immer wieder mit Digitalisierungsprojekten konfrontiert werden, immer wieder gebeten werden, neue innovative Lösungen hervorzubringen, vielleicht zum Teil auch an neuen Geschäftsmodellen mitzuarbeiten und diese zu entwickeln. #00:01:06.5#

Und eben immer machen sie das Ganze neu und innovativ und flexibel, aber sie sollen bitte die Stabilität der bestehenden IT-Lösungen nicht beeinträchtigen oder andere Sachen, die damit reinspielen. Der Betrieb soll natürlich so weiterlaufen, stabil, gewohnt wie immer, aber zusätzlich sollen eben viele Sachen umgebaut werden und neu gemacht werden.

Diese derartigen Zielkonflikte haben IT-Manager und CIOs zu Hauf. Immer wieder, wenn ich das in den Gesprächen feststelle, kommen diese Themen auf. Wie realisiert man das Ganze denn am besten? Und in diesem Fall spricht man eigentlich von der Ambidexterität, ist die Fähigkeit zur gleichen Zeit zwei gegensätzliche Ziele zu realisieren, also die IT-Organisation effektiv in den bestehenden Strukturen „auszubeuten“ beziehungsweise zu nutzen und weiterhin neue Lösungen, neue innovative Lösungen für den User und den Markt einzuführen und das Ganze simultan und dann nennt man das die ambidextrous IT-Organisation. #00:02:10.0#

Das Ganze, ich habe das gerade schon gesagt, Ausbeuten und Innovation kommt aus dem Englischen, heißt Exploitation und Exploration.

Exploitation

Was ist denn damit gemeint, Exploitation? Da geht’s um die Effizienz, um gesteigerte Produktivität, um Kontrolle, um Gewissheit, um Varianzreduktion, also dass man möglichst mit wenig Mitteln und Ressourcen auskommt, also das Ganze sehr lean aufstellt und eben so versucht möglichst effizient bestehende Sachen abzuarbeiten. Also da eigentlich immer wieder ständige Optimierung bestehender Prozesse, ständige Optimierung bestehender Lösungen, einfach, um das Ganze immer noch besser zu machen. Darum geht’s bei der Exploitation.

Exploration

Bei der Exploration geht’s um die Suche, um die Entdeckung, um Eigenständigkeit, um Innovation, um Verschiedenheit, um ganz viele Varianzen, um eigentlich genau das Gegenteil von Exploitation.

Ambidexterität

Ambidexterität ist genau beides zu machen und zwar beides zur gleichen Zeit. Das klingt erstmal völlig widerspenstig und man fragt sich, wie soll das denn gehen? Und da gibt’s in der Literatur verschiedene Ansätze, die man da findet, und natürlich auch in den Unternehmen. Und die wollen wir uns heute mal anschauen.

  1. Es gibt zum einen die strukturelle Ambidexterität, das geht es da drum das Organisations-Design so zu erstellen, wie es eben in der Organisation verankert ist und da legen die Manager die Prioritäten fest und
  2. auf der anderen Seite geht’s um kontextuelle Ambidexterität, da geht’s da drum, wo Einzelpersonen eben in ihrer täglichen Arbeit diese Ziele ausbalancieren.

Diese beiden Ansätze findet man, wenn man danach sucht. Und dem wollen wir einfach heute mal genauer auf den Grund gehen. #00:04:05.6#

Ausprägungen der strukturellen Ambidexterität

Ich fange zunächst mal mit der strukturellen Ambidexterität an. Wie das Ganze aussieht, wenn man das im Organisations-Design verankert und dann kommen wir dazu, was man eigentlich für Eigenschaften braucht, um diese kontextuelle Ambidexterität, also als Einzelperson abzubilden.

Zunächst mal zum Organisations-Design, wir kennen das alle, die klassischen funktionalen Aufbauorganisationen, klassische Divisionen, das ist ganz klar, Einzelbereiche in der IT-Organisation.

Das ist der 1. Punkt, also funktionaler Aufbau, wie man ihn gewohnt ist.

Der 2. Punkt wäre cross-funktionale Teams, das heißt, ich würde aus jedem Bereich in einen Innovationsblock Einzelpersonen reinziehen. Also zum Beispiel, wenn ich jetzt den IT-Betrieb habe, wenn ich jetzt eine IT-Entwicklung habe, wenn ich noch irgendwelche Bereiche habe, dann ziehe ich aus jedem Bereich, also aus jedem klassischen Team ziehe ich Leute ab in diesen Innovationssektor. Das könnte ich machen. Dann hätte ich cross-funktionale Teams. #00:05:03.7#

Die 3. Möglichkeit ist, alle Divisionen so zu lassen wie sie momentan sind und ich stelle einfach ein Innovationsteam daneben, was völlig ungekoppelt zu den anderen Bereichen ist und auch einfach direkt dem Chef untersteht. Insofern an Ihnen als CIO oder IT-Manager und das würde man nicht unterstütztes Team nennen. Das Team ist aus der normalen Standardorganisation heraus nicht weiter unterstützt und ist einfach frei, gewisse Innovation hervorzubringen ohne die Reglements der anderen Teams. Kann da eben frei agieren. Das ist eine Möglichkeit, findet man auch häufig tatsächlich in Unternehmen.

Und die 4. Möglichkeit ist quasi die ambidextrous Organisation, die ambidextrous IT-Organisation. Das ist quasi ein Spiegel, der bisherigen Organisation für ein innovatives Thema. Das heißt man bildet quasi alles, was man bisher hat, alle Strukturen, bildet man einfach doppelt ab für innovative Themen. #00:06:02.7#

Das heißt, man hat quasi eine IT, die mache die bisherigen Themen, und eine IT, die macht die innovativen Themen. Jetzt werden Sie sagen, ja das ist genau wie die bimodale IT oder wie die Two Speed IT, wie auch immer man das momentan hört. Letztendlich ist das genauso ein Ansatz.

Das ist dieses Bi-Modale oder diese Two Speed IT, das deckt eigentlich genau dieses ambidextrous Konzept ab. Das heißt, man sagt, ich habe eine IT, die macht bestimmte Sachen und sorgt da dafür, das alles stabil zu machen und ich habe eine völlig parallele Organisation, die sich nur darum kümmert Innovationen zu machen. Die ist aber wirklich komplett eigenständig und komplett parallel und hat auch alles, was sie braucht, selber nochmal. Aber das heißt, ich lebe in zwei Parallelwelten. Das wäre die ambidextrous Organisation, wenn man sie strukturell in einer Organisation verankert oder verankern möchte. #00:06:58.9#

Ausprägungen der kontextuellen Ambidexterität

Jetzt gibt es aber zunehmend die Leute, die sagen: Na ja, das reicht eigentlich nicht aus, das nur strukturell zu machen. Wir haben eben schon gehört es gibt einen 2. Ansatz, das ist die kontextuelle Ambidexterität.

Also kontextuelle Ambidexterität, nochmal kurz zur Wiederholung, da geht’s da drum, dass diese Einzelpersonen, also die IT-Mitarbeiter, der Chef in der IT, der CEO, diese gegensätzlichen Ziele selber als Einzelperson ausbalancieren, nicht über organisatorische Lösungen.

Da kommen immer wieder häufiger die Worte: Innovation ist ein Top-Management Thema, Innovation ist auf CEO-Level, ist auf CIO-Ebene anzutreffen. Was heißt das denn jetzt? Da haben O’Reilly III und Tushman beschrieben, was eigentlich nötig ist, um dieses persönliche Ausbalancieren auch hinzubekommen. Schauen wir uns das mal an.

Strategische Ausrichtung

Erstmal geht’s da drum, was ist eigentlich die strategische Ausrichtung? #00:08:00.6#

Wenn ich auf Exploitation schaue, dann geht’s da drum, Kosten zu optimieren und Profit zu Optimieren.

Wenn ich auf Exploration schaue, geht’s um Innovationen und Wachstum. Zwei völlig gegensätzliche Sachen.

Kritische Aufgaben

Wenn ich jetzt auf kritische Aufgaben schaue, dann geht’s bei Exploitation um Effizienz, um langsame Innovationen, also stetigen Verbesserungen, quasi so ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Wenn ich jetzt auf Exploration gucke, dann geht’s um völlig neue Produkte. Es geht um ganz, ganz große Innovationen, also um große, wichtige Transformationen und Innovationen.

Kompetenzen

Wenn ich jetzt auf die Kompetenzen schaue, dann brauche ich bei Exploitation operationale Kompetenzen, also wie mache ich die Umsetzung? Ich muss ganz, ganz operativ arbeiten.

Bei Exploration brauche ich sehr viel unternehmerische Kompetenzen, ich muss den Markt im Blick haben, ich muss sehr viel unternehmerisch agieren, weil ich auch immer wieder ein Gespür dafür brauche: Kommt diese Innovation an? Ja, nein? #00:09:07.6#

Was muss ich als nächstes machen? Das sind diese Kompetenzen, die man da braucht.

Struktur

Von der Struktur her geht’s bei Exploitation um eine sehr formale Struktur, formale Mechanismen und bei Exploration, bei Innovationen, geht’s um eine recht lose Struktur, es ist eher adaptiv, man probiert etwas aus, schaut wie das ankommt, verwirft es dann wieder und so weiter.

Kontrolle und Anreize

Wenn ich jetzt auf die Faktoren Kontrolle und Benefits gucke, also wo schaffe ich Anreize, dann geht’s bei Exploitation darum, möglichst viel Marge rauszuholen, möglichst viel Produktivität.

Bei Exploration geht’s um bestimmte Meilensteine, die ich erreichen möchte. Es geht da drum bestimmte Produkte dann und dann zu launchen. Es geht um Wachstum.

Kultur

Von der Kultur her ist es auch völlig unterschiedlich. Wenn ich auf Exploitation schaue, bin ich bei Effizienz, ich bin bei geringem Risiko, ich bin bei Qualität und kundenorientiert. #00:10:07.8# Das ist eigentlich die Kultur, die das Ganze ausmacht.

Wenn ich auf Exploration schaue, dann bin ich sehr risikobereit, ich möchte Geschwindigkeit haben, Flexibilität haben, ich möchte ausprobieren und das ist ganz, ganz wichtig. Immer wieder dieses ausprobieren und verwerfen, das ist eine völlig andere Kultur als die Exploiting (ausnutzende) Kultur, wo ich gar kein Risiko nehme. Das ist völlig das Gegenteil wieder.

Führungsstil

Jetzt sind wir beim Führungsstil, dem letzten Punkt, und da ist natürlich auch ein großer Unterschied.

Wenn ich eher auf das Exploiting gucke bei der Führungsrolle, dann bin ich da eher vielleicht von oben herab, ich habe eher ein Top-Down Management, ich habe bestimmte klare Zielvorgaben und so weiter und arbeite die ab.

Wenn ich jetzt aber im Gegensatz bei der Exploring-Aktivität bin und da führe, dann ist es eher visionär. #00:11:02.6# Dann ist es sehr involviert, der Führungsstil. Ich muss dann sehr kooperativ unterwegs sein. Da kann man nicht von oben herab Vorgaben machen, weil man noch gar nicht weiß, wie diese Experimente oder die Themen, die man angeht, überhaupt letztendlich ankommen.

Der Ambidextrous CIO

Was ist jetzt eigentlich der ambidextrous Führungsstil, also der Führungsstil, den man braucht als Person, als Manager, als CIO oder als CEO oder als IT-Manager, um diese Herausforderung auch dann letztendlich zu meistern? Man muss sich umstellen können, man muss halt so situativ zwischen diesen beiden Welten springen können.

Das heißt, wenn es jetzt um eine Aufgabe geht, die innovativ ist, dann muss man den Führungsstil wechseln, dann muss man eine Kultur schaffen, wo Risiko genommen werden darf, wo ausprobiert werden darf, wo man eher den Unternehmergeist stärkt, wo man weniger feste Strukturen hat. #00:12:00.1#

Andersrum, wenn es um Aufgaben geht, die letztendlich optimiert werden müssen, wo es nur noch da drum geht, gewisse Sachen abzuarbeiten, dann muss man schwenken und die formalen Strukturen einhalten, die Kosteneffizienzen rausheben und so weiter.

Das heißt, an der Stelle zeichnet sich der ambidextrous Leadership dadurch aus, dass man diese Zielkonflikte, die durchaus entstehen dann einfach dadurch, und diese Ressourcenthematiken adressiert und auch konsequent entscheidet.

Das bedeutet für Sie als CIO, dass Sie eine intrinsische Motivation benötigen, um einfach die innere Sicherheit zu haben, dass Sie richtig handeln und das Richtige tun. Hier sollte man einfach seinen eigenen Kompass ausrichten und einfach überlegen: Okay, was ist denn fürs Unternehmen das Beste? Was würde ich denn machen, wenn das Unternehmen mir gehören würde und ich mein eigenes Geld reinstecken würde? Da weniger auf den kurzfristigen Erfolg schauen und zu schauen, was würde denn einfach Sinn machen und welchen Weg würde ich denn gehen, was fühlt sich richtig an? #00:13:03.1#

Da einfach auch wirklich konsequent sein und möglichen Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen, sondern sich diesen auch zu stellen. Das erfordert an der ein oder anderen Stelle auch mal Ecken und Kanten der jeweiligen Führungskraft. An der Stelle sollte man eher langfristige Orientierung haben, langfristige Ziele im Blick haben, weniger ganz kurzfristige Anreize. Ich denke, das ist extrem wichtig, weil das ist gerade etwas, das zahlt sich langfristig aus, davon werden Sie nicht kurzfristig Gewinne optimieren. Vielleicht an der ein oder anderen Stelle schon, aber das ist was, das zahlt sich langfristig aus.

Der ambidextrous IT-Mitarbeiter

Ambidextrous sollten natürlich nicht nur die Führungskräfte handeln. Ambidexterity, die ich gerade beschrieben habe, also diese Wandelbarkeit zwischen den beiden Extremen, das ist natürlich auch top, wenn das die Mitarbeiter haben, die zur Erreichung der Aktivitäten und Ziele eingesetzt werden.

Das heißt, wenn auch die sich aufgabengerecht wandeln können, also sagen, okay, das ist jetzt eine Aufgabe, da muss ich jetzt das bestehende System optimieren und das läuft nach folgenden Parametern. #00:14:06.6#

Andersrum, aber bei einer anderen Aufgabe im gleichen Unternehmen vielleicht auch zur gleichen Zeit, dann im Prinzip den Schalter umlegen können und sagen: Okay, hier lasse ich einfach mal den Gedanken freien Lauf. Hier gucke ich einfach mal, was mir einfällt an Innovationen, was ich machen kann. Wenn ich unternehmerisch handeln würde, dann würde ich das, das, das vorschlagen. Genau das in der Kombination, also einmal mit dem Führungsstil, der das ermöglicht, der das den Mitarbeitern auch ermöglicht und bietet, und dann natürlich die Mitarbeiter, die sich auch da drauf einlassen und die IT-Abteilung so weiter mitgestalten und nach vorne bringen, haben Sie die Möglichkeit auch diese absolut gegensätzlichen Zielkonflikte super zu meistern.

Das ist natürlich ein Schwenk, je nachdem wie Ihre Unternehmenskultur momentan ist, je nachdem wie Ihre Mitarbeiter im Moment arbeiten. Das ist natürlich ein Wandel, aber ich glaube, den lohnt es sich auf jeden Fall anzugehen. #00:15:00.2#

Bildnachweis: © CC0 Public Domain/ pixabay.com

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