CIO 057 – Professionell und authentisch verhandeln als CIO und IT-Manager – Interview mit Andreas Schrader

Andreas Schrader
Andreas Schrader

Verhandlungen stehen auch in der IT-Organisation und für CIOs und IT-Manager auf der Tagesordnung, sei es in Projekten, bei SLA-Vertragsverhandlungen mit Dienstleistern oder innerhalb von Geschäftsführungs- oder Board-Meetings. Worauf es bei Verhandlungen und vor Allem der professionellen Vorbereitung auf Verhandlungen ankommt, erfahren Sie in diesem Interview mit Andreas Schrader.



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Folgende Aspekte werden in der Podcast-Folge besprochen:

  • Wichtige Verhandlungssituationen für CIOs und IT-Manager (01:40)
  • Richtige Vorbereitung auf Verhandlungen (05:00)
  • Überblick der Verhandlungsstrategien (14:20)
  • Professionell und authentisch Verhandlungen führen als CIO und IT-Manager (20:20)
  • Dos und Dont’s bei Verhandlungen (23:20)
  • Kann man verhandeln lernen? (27:00)
  • Ein Tipp an CIOs und IT-Manager (32:00)

Andreas Schrader ist selbstständiger Berater und hilft Menschen dabei, Ihre Ziele durch erfolgreiche Verhandlungen zu erreichen. Der gebürtige Mönchengladbacher war schon während seiner Zeit beim Militär, wo er als NATO-Soldat in der Türkei, Tschechien, UK und den USA eingesetzt wurde, in Verhandlungen involviert.

Nach seiner 4-jährigen Tätigkeit in der Deutschen Botschaft in Paris, wo er neben militärischen auch ressort-übergreifend Verhandlungen begleitete, begann er am Schranner Negotiation Institute in Zürich. Dort leitete er als Head of Certification Programs einen Bereich des Institutes, schulte und beriet zahlreiche Teilnehmer von diversen DAX und Fortune-500 Unternehmen in Verhandlungen. Nach einem kurzen Zwischenstopp als Headhunter für eine global-agierende, schwedische Personalberatung schult und berät Andreas Schrader heute Unternehmen und Einzelpersonen in Verhandlungstechniken.

Die Kombination aus der strukturierten militärischen Vorgehensweise, dem diplomatischen Geschick und seinen Erfahrungswerten aus den vielen Verhandlungen mit internationalen Fach- und Führungskräften bringt er bei der Beratung seiner Kunden ein. Zudem bietet er mit dem PRM-Podcast „Besser verhandeln“ einen deutschsprachigen Podcast, in dem es sich ausschließlich um Verhandlungstechniken dreht.

Freuen Sie sich auf ein spannendes Interview. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zum Interview, diskutieren Sie mit.

Transkript des Interviews zum Nachlesen

  1. Petra Koch:

    Andreas, wir verhandeln ja täglich sowohl im Privaten als auch im Geschäftlichen. Was sind denn aus deiner Sicht die wichtigsten Verhandlungen für CIOs und IT-Manager?

    00:02:20.7

  2. Andreas Schrader:

    Hi Petra, hallo liebe Zuhörer! An der Stelle sage ich erst mal, kurz bevor ich auf die Frage eingehe, schönen Dank für die Einladung hier. Das freut mich wirklich sehr.

    Und um jetzt noch mal auf deine Frage zu gehen, das Wichtigste oder die wichtigen Verhandlungen für CIOs oder IT-Manager sind in meinen Augen eher interne Verhandlungssituationen. Es ist weniger so, dass man jetzt großartig sich mit Preisverhandlungen auseinandersetzt, sondern da ist glaube ich viel, viel mehr, je nachdem auf welche Position wir jetzt gucken. Ich unterscheide da jetzt einfach mal zwischen einem CIO, der wirklich in einem Board aufgehangen ist. Da geht es eher um Führungsgeschichten, um ganz, ganz viel Machtverteilung, um die Verhandlungen mit anderen Board-Mitgliedern et cetera und Budgets et cetera. Und wenn ich mir einen IT-Manager jetzt vorstelle, der auch vielleicht irgendwo nicht ganz so hoch in der Verantwortung steht im Unternehmen, was die Hierarchie betrifft, da geht es dann eher in die Bereiche, ich habe mit einzelnen Teams als Projektleiter vielleicht zu verhandeln, interne Verhandlungssituationen, viel, viel Überzeugungsarbeit, die ich da leisten muss.

    Gerade in Change-Prozessen sehr, sehr stark eingebunden, wo man auch mit der IT natürlich im Rahmen dieses Buzzwords Digitalisierung absolut ganz, ganz weit oben auf der Liste steht. Und das sind so in meinen Augen die wirklich schwierigsten Verhandlungen und die alltäglichen Verhandlungssituation, in denen erfahrungsgemäß sowohl ein CIO als auch ein IT-Manager steht.

    00:03:53.1

  3. Petra Koch:

    Das heißt, das, was man auch klassisch unter Stakeholder-Management zusammenfasst. Also alles, was jetzt wirklich die Projektbeteiligten, aber auch andere Leute, die mittelbar und unmittelbar mit dem Projekt zu tun haben oder mit IT-Themen zu tun haben, da siehst du die größten Verhandlungsthemen?

    00:04:08.8

  4. Andreas Schrader:

    Ganz genau. Ja.

    00:04:10.2

  5. Petra Koch:

    Sehe ich ähnlich, aus der Erfahrung.

    00:04:13.1

  6. Andreas Schrader:

    Ich habe die Erfahrungen gemacht in den Schulungen, die ich habe, wo auch oftmals Projektleiter aus der IT-Branche dann mit dabei sind. Und du hattest ja eingangs erwähnt, ich habe einen militärischen Hintergrund, deswegen nutze ich dieses Wort dann einfach auch sehr gerne. Die führen wirklich einen Mehreren-Frontenkrieg, also die verhandeln intern mit ihrem Projektteam, um die zu den entsprechenden Ergebnissen zu führen auch. Das ist nicht immer ganz einfach, da sind wir auf einem schmalen Grat zwischen Verhandlung und Führung.

    Die haben mit internen Stakeholdern noch zu kämpfen. Wenn jetzt man nicht ganz weit oben in der Hierarchie steht, dann kriegt man noch gesagt, so, wie lange dauert dein Projekt noch? Was brauchst du noch für Ressourcen? Dann gibt es die Verhandlungen in der Richtung. Dann hat man noch den Kunden, bei dem man vielleicht gerade auf dem Projekt sitzt. Dann haben wir schon mal 3 Fronten, an denen verhandelt werden muss. Und das ist eine echte Herausforderung, die sich vielleicht der ein oder andere Vertriebler oder Einkäufer, der Preisverhandlungen führt, so gar nicht vorstellen kann, wie komplex das Ganze ist.

    00:05:09.7

  7. Petra Koch:

    Wenn ich in solchen Verhandlungen stecke als IT-Manager oder auch als CIO in den verschiedenen Situationen, worauf kommt es denn bei der Vorbereitung für solche Verhandlungen an oder wie kann man sowas angehen?

    00:05:21.4

  8. Andreas Schrader:

    Also die Vorbereitung ist in meinen Augen der elementarste Baustein, den man benötigt, um eine Verhandlung erfolgreich abzuschließen. Also wir sagen, ungefähr 80 Prozent des Verhandlungserfolgs liegt in der Vorbereitung. Das ist dieses klassische 80/20, das ist halt überall.

    Und da ist für mich ganz, ganz entscheidend, dass vorher 2 Ziele definiert werden, das heißt, ein Minimalziel und ein Maximalziel. Denn ich sollte mich nicht immer nur auf eine Sache fokussieren, die ich haben möchte, sondern ich brauche einen Korridor. Das heißt, ich muss unten wissen, wann gehe ich raus, was ist für mich ein Punkt, an dem ich die ganze Geschichte abbreche. Und diesen muss ich auch wirklich einbehalten und ich muss wissen, wann ist genug.

    Deswegen 2 Ziele, Minimum, Maximum. Ansonsten brauche ich, um auch eine gewisse Macht in der Verhandlung aufzubauen, verschiedene Forderungen. Das heißt, ich möchte nicht nur, dass jetzt dieses Projekt in der Größenordnung bis zu dem und dem Zeitpunkt umgesetzt wird, sondern da sollten noch viele, viele kleine verschiedene Punkte mit reinkommen, damit ich mich bewegen kann, damit ich halt wirklich …

    00:06:32.3

  9. Petra Koch:

    Das heißt, so einen Rahmen abstecken im Grunde?

    00:06:34.5

  10. Andreas Schrader:

    Genau. Ja. Und ich habe dann die Möglichkeit, wenn jetzt mein Gegenüber sagt, ja, ich möchte aber, dass dieses Projekt, bleiben wir jetzt mal bei einer simplen Geschichte bei einer Software-Implementierung, dass die Software bis Freitag 12 Uhr mittags läuft. Gut okay, dann kann ich da einbringen: Auf wie viel Clients läuft die? Welche Version von dieser Software läuft? Läuft das allumgreifend? Wie viele Projektmitarbeiter kann ich nutzen? Wie viele tatsächliche User habe ich? Wie viele Licence Keys gibt es insgesamt? Spiele ich die Software irgendwie auf oder wird das Ganze irgendwo übers Internet direkt gezogen? Gibt es da sonstige Schnittstellen et cetera? Das sind alles Dinge, die ich vorher wissen muss, die ich mit Forderungen dann quasi priorisieren kann.

    00:07:13.6

  11. Petra Koch:

    Bist du da jetzt schon in der Krisenverhandlung oder bist du da quasi vorneweg in der Verhandlung, die ganz vorne stattfindet, um überhaupt solche Projekte zu initiieren?

    00:07:24.0

  12. Andreas Schrader:

    In dem Fall wären wir schon in dem Projekt drin.

    00:07:27.6

  13. Petra Koch:

    Mhm (bejahend). Okay. Also da geht es dann da drum, dass man die Deadline noch hält, dass man eben bestimmte Sachen noch erfüllen kann.

    00:07:31.9

  14. Andreas Schrader:

    Genau.

    00:07:32.1

  15. Petra Koch:

    Genau. Da sind ja in der Situation sicherlich auch immer viele.

    00:07:35.1

  16. Andreas Schrader:

    Ja.

    00:07:35.3

  17. Petra Koch:

    Das heißt, da noch mal zu gucken, was ist machbar und was kann man erfüllen, was kann man nicht erfüllen?

    00:07:40.5

  18. Andreas Schrader:

    Mhm (bejahend). Genau. Und ich brauche halt eben diese Forderung, damit ich tauschen kann. Wenn ich sage, okay gut, ich könnte mir vorstellen, dass wir das Projekt bis 12 Uhr abgeschlossen bekommen, wenn wir denn im Gegenzug dafür 6 Clients jetzt schon mit reinnehmen können oder sowas. Oder halt nur mit 80 Prozent ausstatten. Und dann wäre 12 Uhr für alle Zugriff, was weiß ich, auf die Software möglich. So als Beispiel.

    00:08:07.8

  19. Petra Koch:

    Okay, also auch Angebote machen. Du hast gerade gesagt, tauschen, also quasi auch eine Gegenleistung irgendwo anbieten.

    00:08:14.3

  20. Andreas Schrader:

    Ja. Ich sag mal, das ist das, wo ich immer sage, du musst halt in Bewegung bleiben durch diese Forderungen. Und genau das ist halt auch wichtig und deswegen braucht man auch eine Menge Forderungen und sollte sich die entsprechend priorisieren. Wenn ich von einer Menge spreche, dann sage ich 10, je nachdem in den knackigen, konkreten Beratungsfällen gehe ich sogar teilweise hin und entwickle einen Forderungskatalog mit dem Kunden oder Klienten gemeinsam, der bei 20, 25 verschiedenen Forderungen liegt. Das heißt nicht, dass ich die alle reinbringen muss, das bedeutet nur, dass ich die auch zur Verfügung habe, damit ich entsprechend austauschen kann und in Bewegung bleiben kann, damit wir da ein cooles Ziel gemeinsam dann herausverhandeln.

    00:08:54.8

  21. Petra Koch:

    Okay. Das sind dann aber wahrscheinlich auch nicht immer nur reine interne Verhandlungen, sondern auch, ich sag mal, mit dem Software-Provider oder so. Du hattest eben Software-Implementierung angesprochen, das wird ja häufig auch durch externe Firmen gemacht. Das heißt, da auch wirklich zu verhandeln, in der IT gibt es ja diesen Begriff SLA, Service Level Agreements. Also ich habe ja eine bestimmte Service-Vereinbarung mit demjenigen getroffen, das heißt, da auch noch mal in die Tiefe zu gehen. Oder solche Verhandlungen überhaupt erst zu führen, damit man zu solchen Agreements kommt.

    00:09:21.9

  22. Andreas Schrader:

    Ganz genau. Und da ist dann halt auch die Kontrolle dieser SLAs dann entsprechend wichtig. Und wenn es dann da zur Nachverhandlung kommen sollte, was mit Sicherheit der ein oder andere auch schon mal erlebt hat, dann ist es in meinen Augen elementar wichtig, wenn man da entsprechend vorbereitet ist.

    00:09:38.8

  23. Petra Koch:

    Genau. Du hattest gerade gesagt, das ist das erste, 80/20 und diese Korridore zu bilden.

    00:09:44.1

  24. Andreas Schrader:

    Mhm (bejahend). Genau. Ich habe insgesamt 4 Punkte, die in meinen Augen wichtig sind in der Vorbereitung. Und der 3. Punkt ist das Mindset. Also ich muss dieses Ding wirklich gewinnen wollen, das ist wichtig für mich. Ich muss mir darüber im Klaren sein, dass ich derjenige bin, der hier sagt, wo es langgeht, dass ich diese Verhandlung führe. Da spielt es eine untergeordnete Rolle, wie ich von der Persönlichkeit eingestellt bin.

    Und ich sag mal der wichtigste Tipp, den ich in dem Zusammenhang jetzt vielleicht schon mal so mitgeben kann, ist ganz einfach, dass man sich von diesem „Wer hat die Macht?“, von dieser Antwort, die man sich selber darauf gibt, trennt. Denn Macht ist etwas Subjektives. Normalerweise hat immer derjenige die Macht, dem ich sie zuschreibe. Also wenn ich der Meinung bin, nö, ich fühle mich mächtig, dann gehe ich mit einer entsprechenden Haltung auch in so eine Verhandlung rein.

    Wenn ich der Meinung bin, ich bin der Kleine und der gegenüber hat die Macht, dann wird er diese Macht auch per se irgendwo nutzen oder zu spüren bekommen. Das ist allerdings komplett falsch, denn in jeder Verhandlungssituation wird eine Verhandlungsmacht neu definiert. Da ist eine Abhängigkeit und man möchte ja gemeinsam ein Ziel erreichen, deswegen verhandelt man. Und das baut man zum Beispiel auf oder Macht baut man entsprechend auf, indem man Forderungen hat, indem man in Bewegung bleibt. Und das muss man sich klarmachen. Wenn ich von vornherein da reingehe, ich bin nur der Kleine und gucke mal, was hier rumkommt, dann …

    00:11:08.1

  25. Petra Koch:

    Hat man eigentlich schon verloren mit der Haltung.

    00:11:10.0

  26. Andreas Schrader:

    Genau. Dann geht’s in die Hose. Und wenn ich der Meinung bin, ah, ich bin der Große, ich schaffe das schon irgendwie, geht erfahrungsgemäß sogar noch mehr in die Hose als die Geschichte, ich bin der Kleine und ich gucke mal, was ich dann jetzt hier erreichen kann.

    00:11:21.3

  27. Petra Koch:

    Okay. Also das heißt, sich weder überschätzen noch unterschätzen, sondern einfach quasi neutral gut vorbereitet in die Verhandlung reingehen.

    00:11:28.4

  28. Andreas Schrader:

    Ganz genau. Ganz genau.

    00:11:29.6

  29. Petra Koch:

    Ja, okay.

    00:11:29.8

  30. Andreas Schrader:

    Dann ein letzter Punkt, der gerade bei Projektteams noch deutlicher wird in den Verhandlungssituationen, ist, dass die inhaltlich viel zu sehr in die Tiefe gehen.

    00:11:45.5

  31. Petra Koch:

    Also sich im Detail verlieren dann?

    00:11:47.0

  32. Andreas Schrader:

    Genau. Wenn wir uns wirklich auf eine Verhandlung fokussieren, dann geht es bei dieser Verhandlung gar nicht mehr um die Details an sich, sondern wir gehen halt wirklich da rein und wollen eine Lösung erzielen. Deswegen halt auch die Forderungen. Achtung! Forderungen sind keine Argumente. Wenn ich anfange zu argumentieren, gehe ich wieder in einen Nutzen rein. Und dann sind wir auch ganz, ganz schnell bei der Geschichte, wir müssen über Recht verhandeln. Und Recht ist faktisch nicht verhandelbar.

    Wenn ich jetzt vor dir sitze, wir haben jetzt hier ein Glas Wasser in der Mitte stehen, wenn ich meinen Kuli von mir aus gesehen vor dieses Glas Wasser lege und mit dir dann darüber verhandeln soll, wo liegt der Kuli, dann ist der aus meiner Sicht vor dem Glas Wasser, aus deiner Sicht, du sitzt mir gegenüber, ist der dahinter. Und dann können wir jetzt stundenlang darüber diskutieren, wer recht hat. Faktisch haben beide recht, nur es führt zu nichts.

    00:12:38.7

  33. Petra Koch:

    Ja, sie gucken von einer anderen Perspektive. So sieht‘s ja meistens dann auch aus.

    00:12:42.2

  34. Andreas Schrader:

    Genau. Und das ist auch eine Situation, die ich relativ häufig gerade bei so internen Verhandlungssituationen wieder vorfinde. Wo man sich halt einfach davon trennen sollte, gehe weg von dieser Argumentation, gehe weg von dem Rechthaben, gehe weg von dem Inhaltlichen, sondern konzentriere dich einfach nur da drauf Lösungen, die innerhalb deines Korridors liegen, gut strukturiert und mit Hilfe deiner Forderung und auch mit anderen Taktiken halt zu erreichen.

    00:13:07.9

  35. Petra Koch:

    Diese Forderungen können aber, nur nochmal zum Verständnis, trotzdem inhaltlicher Natur sein? Oder sind die völlig inhaltslosgelöst? Also so hattest du ja eben auch gesagt, nur nochmal zum Verständnis, nicht, dass die Leute jetzt meinen, man verhandelt nicht um Inhalte, sondern das sind schon inhaltliche Forderungen, aber nicht als Argumente dargestellt, sondern als Forderung dargestellt?

    00:13:27.7

  36. Andreas Schrader:

    Mhm (bejahend). Ganz genau. Also so wichtig ist, dass man keinen Nutzenerklärung da hinterherliefert. Dann bin ich in einem Argument drin, wenn wir es jetzt halt wirklich ganz klein runter auf einen Prozess brechen wollen und so ein bisschen Spitzfindigkeit da mitreinbringen möchten.

    00:13:43.1

  37. Petra Koch:

    Ja, das ist einfach, zum Verständnis, ich könnte mir vorstellen, dass sich der eine oder andere Zögerer dann fragt: Ja, bisher habe ich das immer so gemacht, jetzt hm, wie meint er das?

    00:13:50.5

  38. Andreas Schrader:

    Also, um es nur noch mal ganz kurz zu konkretisieren. Ich kann mir nicht vorstellen und bitte, bitte, bitte, falls es irgendwo so ankommt, dann lasst es. Es wird niemanden geben, der sagt: Ja, Moment, ich verhandle aber gerade mit dir, also lass mal deine Argumente stecken. Ich arbeite jetzt hier nur noch mit Forderungen. Das geht, glaube ich, dann in die falsche Richtung. Das ist halt, wir sprechen ja über die Vorbereitung, da habe ich diese Möglichkeit da auch noch mal mich intensiv mit zu beschäftigen. Und genau da sollte ich dann darauf achten.

    00:14:17.4

  39. Petra Koch:

    Okay. Also in der Vorbereitung auf die Forderungen konzentrieren.

    00:14:20.2

  40. Andreas Schrader:

    Ganz genau.

    00:14:21.0

  41. Petra Koch:

    Super. Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Verhandlungsstrategien, ganz kurz zusammengefasst, also was sind so die wesentlichsten, die du anbringen kannst?

    00:14:30.8

  42. Andreas Schrader:

    Also von der reinen Lehre her bin ich so ausgebildet worden, dass ich 5 Verhandlungsstrategien kenne. Das ist zum einen das Spiel auf Zeit, zum anderen der Rückzug, dann gibt es den allseits bekannten Kompromiss, dann gibt es die Verhandlungsstrategie Druck, und es gibt die Kollaboration. Erfahrungsgemäß sind dieser Rückzug, Spiel auf Zeit, in meinen Augen reine Zeitverschwendung. Falls jemand diese Strategie gewählt hat, du hattest ja auch erwähnt, ich habe ja auch einen eigenen Podcast, da bin ich da schon mal darauf eingegangen, ich möchte jetzt nicht zu sehr in die Tiefe da gehen, wenn die jemand wählt, dann sind wir fast null effektiv. Weil das macht keinen Sinn, dann hat diese Verhandlung für mich keinen Wert.

    Und wenn ich eine entsprechend ausgeprägte Beziehung habe, dann sollte ich die Beziehung auch so belasten können, dass ich sagen kann, hey, ganz ehrlich, dieses Thema, wo du jetzt gerade mit mir drüber sprechen möchtest, das steht bei mir irgendwo an Stelle 200 oder so. Ich habe grad ungefähr 199 andere Dinge, die deutlich wichtiger für mich sind. Lass uns das mal bitte an die Seite legen.

    Dann auf eine klare Kommunikation und dann irgendwo schon mal einen Cut reinbauen. Ich steige in der Regel, und dazu rate ich in den meisten Situationen, mit Druck in eine Verhandlung ein und gehe dann im weiteren Verlauf dieser Verhandlung über zur Kollaboration. So, dass ich halt wirklich auf langfristige Sicht einen hohen Nutzen und eine gute Beziehung aufbaue. Und das ist das, was auch meine absolute Empfehlung ist. Bei dem Kompromiss tue ich mich immer ein bisschen schwer, da polarisiert es auch immer gerne so ein bisschen.

    Denn ja natürlich ist der Kompromiss immer ein Ziel, nur habe ich sehr häufig in den Beratungen die Erfahrung gemacht, dass dieser Kompromiss von der anderen Seite vorgegeben wird, in welchem Rahmen man sich denn einigt. Ich weiß nicht, irgendein schlauer Mann war es mal oder eine Frau, die sich den Spruch ausgedacht hat, bei einem Kompromiss verlieren beide Seiten. Und genau das ist ja eigentlich das, was wir mit Win-Win so eigentlich gar nicht haben wollen, obwohl Win-Win ja eigentlich für den klassischen Kompromiss steht.

    00:16:37.5

  43. Petra Koch:

    Ich wollte gerade fragen, unter Kompromiss versteht man ja auch häufig den Kompromiss, mit dem beide Seiten gut leben können. Du sagtest auch schon, Win-Win. Also es ist ja häufig auch so, dass es vielleicht klappen kann, oder hast du da andere Erfahrungen gemacht?

    00:16:50.5

  44. Andreas Schrader:

    Erfahrungen habe ich da sowohl als auch gemacht. Jetzt muss man dazu wissen, dass ich aus verhandlungstechnischer Sicht in der Schule großgeworden bin, wo wir uns nur auf die 5 Prozent der Verhandlungssituation konzentriert haben, in denen es halt nur ein Gewinnen oder Verlieren gibt. Und von daher, das ist natürlich hängengeblieben, weil es so in mich eingeimpft wurde. Und wenn du 4 Jahre lang nichts anderes machst als so vorzugehen, dann ist es einfach drin.

    Von daher ist das dann so ein bisschen diese Vorgehensweise, die halt bei mir noch mit drin verwurzelt ist. Was ich jetzt so in den Jahren meiner Selbstständigkeit herausgefunden habe, ist, dass Win-Win viel cooler ist und durchaus möglich ist, wenn du beide Seiten auf Augenhöhe hast und dafür nichts Großartiges abgegeben werden muss. Wenn ich jetzt als Beispiel, vergleichen wir es mal mit einer Liebesbeziehung, man trifft sich irgendwo und sagt, ja, ist ja ganz nett, aber so ganz ist er ja vielleicht doch nicht mein Typ, und ja, sie ist ja auch okay, ja, kann gut kochen, sieht jetzt vielleicht nicht ganz so toll aus, aber ja okay, dann sind wir mal zusammen und dann ist das gut und schön. Das ist irgendwie, ja, Win-Win, beide sind vom Markt, beide sind mehr oder weniger, in Anführungszeichen, „zufrieden“, weil sie sind ja jetzt in einer Partnerschaft, das ist ja das Ziel, was sie erreichen wollten, sie haben jemanden an ihrer Seite, den Sie vielleicht irgendwann auch lieben oder wie auch immer, ist ja alles gut und schön.

    Nur, wenn ich jetzt irgendwo so ein bisschen da reingehe und von vornherein muss ich ein bisschen kämpfen um die Beziehung, oder man hat es selber nicht unbedingt leicht beim Gegenüber zu landen, man macht es dem gegenüber vielleicht auch nicht ganz so leicht, dass man bei sich landet, und irgendwann, dann bleibt man halt auch auf einer gewissen Augenhöhe und es bleibt auch eine gewisse Spannung drin. Und wenn du das halt dann erreicht hast, dann hast du auch eine ganz andere Beziehungsebene zueinander. Du schätzt dieses ganze Gefüge, was du dann aufgebaut hast, diese Beziehung, die schätzt du ganz anders wert. Und genau das ist halt auch das Ziel, vollkommen irrelevant, ob ich jetzt gerade über eine Liebesbeziehung spreche oder eine Geschäftsbeziehung. Hier sprechen wir ja über Geschäftsbeziehungen.

    00:18:55.4

  45. Petra Koch:

    Genau.

    00:18:55.8

  46. Andreas Schrader:

    Da gehe ich dann hin und da habe ich dann halt auch eine langfristige Geschäftsbeziehung. Da sind wir bei dieser Nachhaltigkeit dann irgendwo drin. Das ist zwar auch wieder so ein typisches Buzzword, nur das ist halt das, wo es drauf hinauslaufen soll.

    00:19:08.5

  47. Petra Koch:

    Genau.

    00:19:09.0

  48. Andreas Schrader:

    Und das ist auch die Situation, wie ich es möchte, wie Verhandlungen ablaufen. Und aus dem Grund gehe ich über den Druck dahin und nicht über, wir kommen uns alle entgegen und fahren auf Kuschelkurs.

    00:19:18.1

  49. Petra Koch:

    Das ist ja gerade auch das, was die Unternehmen häufig brauchen, langfristige Kooperationen, gerade jetzt in IT. Wenn ich mir da vorstelle, ich muss jedes Jahr, nur weil der Vertrag ausläuft, irgendwie den Dienstleister für die größte Geschäftsanwendung wechseln, dann kommt da Freude auf.

    00:19:35.1

  50. Andreas Schrader:

    Für mich, ja.

    00:19:36.1

  51. Petra Koch:

    Ja gut. Das ist jetzt wieder die Perspektive, aus der man das sieht, aber für den CIO oder den IT-Manager wird das dann ganz schön spannend. Also das heißt, die sind ja häufig, und das erlebe ich auch, da drauf ausgelegt, natürlich haben die viele und verschiedene Dienstleister, aber natürlich mit den kritischen Geschäftsanwendungen, die wechseln die nicht von heute auf morgen.

    00:19:57.3

  52. Andreas Schrader:

    Nein.

    00:19:57.5

  53. Petra Koch:

    Ich hatte mal einen Kollegen, der hat gesagt: Wenn Sie die Quallen diese Einführung einmal erlebt haben, überlegen Sie sich gut, ob Sie das nochmal machen wollen. Und das ist halt bei vielen Sachen so. Also das ist ja dann der Prozess, den wir jetzt gerade auch beschrieben haben, mit dem Druck, mit der Einigung, mit den Kompromissen, ist man irgendwann froh, wenn es läuft. Aber trotzdem gibt es ja die Situation, dass wieder neu verhandelt werden muss, und da kann man dann auch so vorgehen, wie du das gerade beschrieben hast.

    00:20:25.1

  54. Andreas Schrader:

    Ja. Ganz genau.

    00:20:26.3

  55. Petra Koch:

    Wie können denn CIOs und IT-Manager, wenn sie jetzt diese Verhandlungen führen, die, ich sag jetzt mal, wenn du das auch wieder so sagst, das ist ein Buzzword, authentisch führen, also wie können sie denn da noch sie selber sein? Viele ITler, erlebe ich auch immer, fühlen sich selber nicht so ganz komfortabel in dieser Verhandlungssituation. Das heißt, sie machen das zwar immer, weil sie es machen müssen, aber so richtig wohl fühlen sie sich in dieser Verhandlungsposition nicht. Was kannst du da empfehlen?

    00:20:49.3

  56. Andreas Schrader:

    Zum einen sage ich, dieses authentisch, Authentizität, dieses wunderbare Wort, was man gerade in einem Podcast so wunderbar rüberbringen kann. Ja gut, wann bin ich denn authentisch? Wenn ich zu Hause mit meiner Dreijährigen spiele, dann bin ich auch authentisch, weil in dem Moment bin ich der Vater. Nur wenn ich so wie ich mit ihr spreche oder so wie sie auf mir rumspringt und tanzt, et cetera, oder wenn ich mich vor ihr erschrecke, wenn sie „Woah, das fiese Monster“ gerade macht, so werde ich mit Sicherheit nicht in einer Verhandlung unterwegs sein. Für mich ist halt immer wichtig, bleiben Sie Sie selbst.

    Das ist das, was ich den Menschen halt immer mit auf den Weg gebe. Die sollen sich nicht verstellen, die sollen halt einfach nur in der Situation angemessen reagieren. Für mich ist da das Ganze keine Frage der Authentizität, sondern eher der professionellen Verhandlungsführung. Wenn ich eine klare Struktur habe, wenn ich mich gut vorbereitet habe, dann kann ich auch eine Verhandlung so entsprechend führen. Was da für mich sehr, sehr hilfreich war, war so ein Input, den ich aus einem Video von Dr. Eckart von Hirschhausen, heißt der, kennst du vielleicht, gehört habe. Der hat da ein Pinguin-Prinzip, nennt er das Ganze. Geht so ein bisschen in die Richtung, dass er zum einen einen Pinguin total falsch einschätzt auf den ersten Blick, weil Beine fehlen und hat zwar Flügel, aber kann nicht fliegen und so weiter. Dann sieht er den ins Wasser springen und findet alles super, weil er so wunderbar schnell ist und da ganz viel Spaß hat.

    Und er kommt dann zu dem Schluss, dass er sagt, zum einen ist es halt klar, du kannst mit egal wie viel, ich glaube, er spricht von Psychotherapie, kannst du aus einem Pinguin keine Giraffe machen. Und das ist halt auch das, was für mich irgendwo wichtig ist. Ich kann aus einem introvertierten, ruhigen Verhandlungsführer keine Rampensau machen, und das will ich auch gar nicht. Und das ist das nächste und das ist eigentlich auch so ein bisschen das Haupt-Learning, was ich von diesem kurzen, das sind glaube ich 3 Minuten, die man sich gerne anschauen kann, von diesem Schnitt da mitnehme.

    Stärken stärken ist viel sinnvoller als Schwächen irgendwie versuchen auszumerzen. Natürlich muss ich gewisse Sachen draufhaben und können. Und gerade, wenn es ums Verhandeln geht, das ist etwas, was man lernen kann, dann schaue ich halt, dass ich das so lerne, dass es an mich und meine Stärken angepasst ist. Und wenn ich eher der ruhigere Typ bin, dann umso besser, denn auch, wenn ich jetzt hier quasi rede und rede und rede und rede, in einer Verhandlungssituation liegt mein Redeanteil bei zwischen 15 und 25 Prozent maximal. Und genau so sollte es auch für alle anderen sein. Das ist machbar.

    00:23:29.2

  57. Petra Koch:

    Sehr gut. Gibt’s denn Dos and Don‘ts bei den Verhandlungen? Du hast das gerade schon mal angesprochen, also man selbst sein. Was sind noch wichtige Sachen, die man gut machen kann, aber die man vielleicht auf jeden Fall bleiben lassen sollte?

    00:23:41.7

  58. Andreas Schrader:

    Also fangen wir mal mit den positiven Dingen an, mit den Dos. Für mich sind Forderungen halt elementar wichtig. Und so ein absolutes Do wäre dieses, kein Geben ohne Nehmen, dass ich halt immer auch austauschen kann. Und ansonsten ist halt auch noch für mich wichtig, dass man, obwohl es vielleicht hart ist oder auch irgendwo um eine Sache geht, wo eine gewisse Emotionalität mit da reinspielt, dass man da höflich bei bleibt. Das ist für mich absolut wichtig.

    Ich habe halt gelernt, hart und fair zu bleiben, und ich habe mir von vielerlei Stellen sagen lassen, dass ich auch noch entsprechend charmant dabei wohl umgehen mag. Kommt dann eher so rüber als, ich hätte nicht gedacht, dass jemand, der so charmant auftritt wie Sie, in diesen Angelegenheiten dennoch so hart bleibt. Und in diese Richtung sollte man halt auch wirklich gehen. Das ist für mich ein absolutes Do.

    00:24:37.4

  59. Petra Koch:

    Ist also auch eine Form von Konsequenz dann wahrscheinlich auch, oder?

    00:24:40.5

  60. Andreas Schrader:

    Ja. Also klassisch Harvard-Konzept sagt, HOPSOP heißt, glaube ich, die Abkürzung: Hard on the points, soft on the people. Immer hart in der Sache und weich zu den Menschen. Bei dem weich zu den Menschen, wie gesagt, militärischer Hintergrund, …

    00:24:58.9

  61. Petra Koch:

    Na gut, mit kleinen Abstrichen.

    00:25:00.4

  62. Andreas Schrader:

    … guckt man hier und da mal, aber da sind wir jetzt auch dann direkt auch bei den Don‘ts. Denn ja, ich kann hart verhandeln, ich kann auch jemanden extrem unter Druck setzen, ich kann auch mal jemanden in einer gewissen Art und Weise anschießen. Was ich nicht mache, ist jemanden unter der Gürtellinie anzugreifen. Also ich kann fachliche Kompetenz immer in Frage stellen, als Beispiel, um jetzt zum Beispiel Druck aufzubauen oder jemanden wirklich zu verunsichern.

    Was ich allerdings nie mache, ist jemanden aufgrund von, was weiß ich, Religion oder in deinem Fall jetzt, klar, Klischee, super, Frau, irgendwo dahingehend anzugreifen. Das ist ein absolutes No-Go. Und genauso verhält es sich mit Lügen. Ist eine Definitionssache. Da stoße ich häufig drauf. Weil ich so aufgewachsen bin, dass man mir gesagt hat, alles was du sagst, muss wahr sein, aber nicht alles, was wahr ist, muss gesagt werden. So, dann habe ich schon Diskussionen gehabt und das waren keine Verhandlungen, das waren Diskussionen, wo dann gesagt wurde, ja gut, aber wenn ich Wahrheiten verschweige, lüge ich doch auch.

    Da können wir dann, glaube ich, jetzt nochmal 4 weitere Stunden darüber reden und werden vielleicht in eine Richtung kommen, jedoch nie auf den gleichen Nenner. Nur generell, wenn es jetzt darum geht, aus gezielten Gründen bewusst zu lügen, das ist für mich ein absolutes No-Go in einer Verhandlung. Und um das Ganze noch mal so ein bisschen auch witziger noch mit abzuschließen: Mittlerweile ist für mich die Taktik „good cop, bad cop“ auch ein absolutes No-Go.

    00:26:41.5

  63. Petra Koch:

    Die weitverbreitete.

    00:26:42.5

  64. Andreas Schrader:

    Ja, also ich bin ja unter anderem auch an Universitäten oder an Hochschulen unterwegs, und in Verhandlungstechniken werden Anfang 20-Jährige darin ausgebildet, wie man „good cop, bad cop“ aushebelt. Und es ist eine der ältesten Taktiken, die auch an manchen Stellen mit Sicherheit noch funktioniert. Nur jeder, der sich auch nur ansatzweise damit ein bisschen beschäftigt, wird die relativ schnell durchschauen und wird wissen, wie er sie aushebeln kann. Also von daher ist auch das für mich schon so etwas wie ein No-Go.

    00:27:12.0

  65. Petra Koch:

    Okay. Du hast es gerade schon angesprochen, dass es an der Uni gelehrt wird. Wie kann man denn verhandeln üben? Kann man das üben oder muss man dazu geboren sein? Gibt es Punkte, die die Zuhörer hier anwenden können direkt in ihren Verhandlungen?

    00:27:26.1

  66. Andreas Schrader:

    Ich habe gelernt, Fleiß schlägt Talent. Also ja, man kann es üben. Ich hatte es eben ja schon in der Frage mit der Authentizität besprochen, Stärken stärken. Verhandeln ist etwas, das man üben kann. Natürlich kann man das üben. Ich kann es im Alltag üben, da geht es schon bei kleineren Sachen los. Wir sprechen ja über eine Nische der Kommunikation. Ein Thema zusammenfassen, wodurch ich auch Macht in der Verhandlung aufbaue, kann ich auch sehr gut in einem ganz normalen Gespräch machen. Mit, was weiß ich, Partner, Familie oder auch mit einem Kollegen oder so. Das geht da ja auch wirklich sehr, sehr gut.

    Ansonsten, ich sag mal jetzt, im Supermarkt oder an der Tankstelle ist es vielleicht ein bisschen schwieriger zu verhandeln, wenn es jetzt um Preise geht oder so. Wenn wir jetzt mal schauen, wir sind jetzt aktuell, im Oktober befinden wir uns, das heißt, die Weihnachtszeit geht bald wieder los. Ein Weihnachtsmarkt ist so ein klassisches Beispiel, wo du super verhandeln kannst. Mach dir vorher ein paar Forderungen, Glühweinbude oder was weiß ich, Sterne, Backfisch oder was gibt es da noch alles so Tolles?

    00:28:29.3

  67. Petra Koch:

    Reibekuchen.

    00:28:29.5

  68. Andreas Schrader:

    Genau, jetzt kriege ich Hunger, ich wollte gerade was zu essen nennen.

    00:28:32.9

  69. Petra Koch:

    Die Klassiker.

    00:28:33.2

  70. Andreas Schrader:

    Wo du dann halt hingehen kannst und versuchst da einfach mal. Und wenn du das wirklich auf eine charmante Art und Weise machst und nicht einfach so plump oder so, dann wird das auch relativ cool ankommen. Ist natürlich, die Dosis macht’s so ein bisschen. Mein persönliches Highlight, um vielleicht noch eine kleine Story dazu zu erzählen. Großes, bekanntes schwedisches Möbelhaus, was wahrscheinlich jeder schon mal irgendwo betreten hat, dort kann man gut verhandeln. Ich hatte damals die Situation, mit meiner Ex-Frau bin ich an einem Samstagnachmittag, an dem ich eigentlich Fußball schauen wollte, zu IKEA gefahren.

    Habe gesagt, okay gut, dann machen wir es allerdings richtig und habe dann da angefangen mit denen zu verhandeln. Nächste Etage drüber, also sprich, nicht einfach einen Berater mir da geholt, sondern wirklich den Abteilungsleiter, der mit mir auch verhandeln konnte. Ich habe keinen wirklichen Preisnachlass bekommen, ich habe allerdings Plüschtiere für so ziemlich alle Kinder, die wir im Bekannten- und Verwandtenkreis hatten, bekommen. Wir haben noch mal ein Besteck-Set noch mit draufbekommen. Also wir haben schon einiges gekriegt.

    00:29:30.4

  71. Petra Koch:

    Das heißt, ihr habt einfach mehr Ware bekommen als ihr eigentlich haben wolltet.

    00:29:32.9

  72. Andreas Schrader:

    Genau. Und für mich das absolute Highlight war, dass ich an diesem Samstagnachmittag, wo riesige Schlangen an den Kassen sind, an diesem ganzen riesigen Schlangen vorbeikonnte, an die Information oder sowas, würde man das in etwa nennen, da hingegangen bin, dort bezahlen konnte und innerhalb von 10 Minuten diesen kompletten Bezahlprozess dann abgewickelt hatte und da raus war. Das Einzige, was ich nicht geschafft habe, war, dass die mir die ganzen Sachen auch noch ins Auto einräumen.

    00:30:02.0

  73. Petra Koch:

    Ist vielleicht ein bisschen viel Service für …

    00:30:03.7

  74. Andreas Schrader:

    Ja gut, das war auch bei den Forderungen eher gelb. Also entsprechend priorisiert, wo ich gesagt habe, gut, das ist jetzt für mich kein Gamebreaker, wo ich jetzt sage, okay, wenn das nicht kommt, dann breche ich das Ganze ab und gehe ohne alles hier raus.

    00:30:16.9

  75. Petra Koch:

    Wie haben die denn reagiert, dass du da auf einmal so verhandlungswütig warst? Kennen die das oder ist das eher ungewöhnlich?

    00:30:21.8

  76. Andreas Schrader:

    Also der Berater an sich, den ich als erstes dahatte, der war, ich würde schon fast sagen, schockiert. Der hatte mit inhaltlichen Fragen gerechnet, wo er jetzt was findet. Dann, als ich den gefragt habe, ja, wie sieht es aus mit dem Preis oder können wir sonst noch was machen, und ich kann mir vorstellen, ich nehme das und das und das, wenn ich das jetzt dafür so bekomme, der war sichtlich überfordert. Von daher war es auch relativ leicht, das Ganze eine Stufe weiter hoch zu eskalieren.

    Habe ich gesagt: Okay, gut, ich verstehe, du kannst das auch gar nicht entscheiden hier. Dann bringe mich doch mal mit jemandem zusammen, mit dem ich darüber sprechen kann. Und das hat er auch sehr, sehr gerne gemacht, weil klar, er war mich als Problem los.

    00:30:54.5

  77. Petra Koch:

    Er war dann raus. Ja genau.

    00:30:54.9

  78. Andreas Schrader:

    Und ich weiß nicht, was er sich im Nachhinein anhören durfte. Für mich ein zusätzlicher Win war halt noch, wir als Deutschgeprägte, und das ist ja auch so ein bisschen die Frage, die du eben noch mit beigestellt hattest, sind es ja gar nicht so gewohnt zu verhandeln. Und das finde ich grundsätzlich falsch. Und meine Ex-Frau an der Seite hatte da auch überhaupt keinen Bock drauf. Die hat sich, glaube ich, in Grund und Boden geschämt. Und das Ende vom Lied war, sie ist nie mehr auf die Idee gekommen, mich an einem Samstagnachmittag, wo ich eigentlich Fußball schauen wollte, mit zu einem Möbelhaus zu schleppen.

    00:31:25.7

  79. Petra Koch:

    Also hast du noch 2 Ziele erreicht quasi.

    00:31:26.6

  80. Andreas Schrader:

    Also Win-Win.

    00:31:28.4

  81. Petra Koch:

    Wobei, ja gut.

    00:31:29.5

  82. Andreas Schrader:

    Für mich Win, ich muss nicht mehr mit ins Möbelhaus und wir haben eine ganze Menge gespart so gesehen.

    00:31:35.1

  83. Petra Koch:

    Und sie musste sich dann eine Freundin zum Einkaufen im Möbelhaus organisieren?

    00:31:38.7

  84. Andreas Schrader:

    Ja, oder wir haben es halt vertagt, dass man nicht immer unbedingt an einem Samstagnachmittag dahin ist, sondern dann an anderen Tagen. Und ich habe ja grundsätzlich nichts gegen solche Besuche dort, nur sind sie deutlich charmanter, wenn wir sie an einem Donnerstagabend nach 18 Uhr oder sowas machen, als wenn wir uns Samstagnachmittag, wenn jeder dahinfährt, dort hinstellen.

    00:31:57.8

  85. Petra Koch:

    So ist es. Super. Hast du einen Tipp für CIOs und IT-Manager in Sachen Verhandlungserfolge?

    00:32:04.3

  86. Andreas Schrader:

    Wenn wir von einem CIO sprechen, der tatsächlich auch irgendwo mit in einem Board aufgehangen ist, also eine Geschäftsleitungsposition, dann sollte er sich tunlichst aus operativen Verhandlungen raushalten.

    00:32:19.6

  87. Petra Koch:

    Warum?

    00:32:20.2

  88. Andreas Schrader:

    Weil es einfach zu gefährlich ist. Er hat, in Anführungszeichen, „Soldaten“, die für ihn verhandeln können. Und er gibt ihnen klare Richtung vor, klare Strategie vor, und die setzen das dann unterm Strich um. Er ist derjenige, der den großen Überblick behält und auf das große Ganze schaut und auch den Jungs da unten an der Front quasi dann halt auch die nötige Rückendeckung gibt.

    Als Beispiel: Ich war bei der Luftwaffe, wir hatten Generalität mit dabei, und sehr viele von diesen Generalen waren Piloten. Die setzt du allerdings nicht in den Kampfjet und lässt sie über irgendein Krisengebiet fliegen, weil es einfach zu gefährlich ist. Und ich bin kein Schachspieler, nur es wäre glaube ich vergleichbar mit einer Dame oder den Türmen, die die wichtigsten Figuren im Schach sind, wenn ich mit denen halt anfange und die ersten Züge mit denen machen und die nach vorne bringe. Dann kommt irgendein Bauer von der Seite und rasiert die weg und dann stehe ich ganz schön blöde da. Und genauso ist es auch in einer Verhandlungssituation.

    Der CIO als solcher kümmert sich um die Strategie und lässt seine Kollegen da unten machen, und unterstützt die da entsprechend bei und beobachtet das Ganze. Das ist einfach zu gefährlich. Der IT-Manager an sich, Tipp, ganz klar, ich hatte das ja schon ein paar Mal erwähnt, weniger inhaltlich, wirklich mehr aufs Verhandeln fokussieren, fordern, fordern, fordern. Und kein Geben ohne Nehmen.

    00:33:46.1

  89. Petra Koch:

    Alles klar. Ja super, vielen Dank fürs Interview, Andreas.

    00:33:49.1

  90. Andreas Schrader:

    Danke.

    00:33:49.5

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