CIO 017- Gibt es wirklich IT-Projekte? – Interview mit Joachim Bellut

Joachim Bellut
Joachim Bellut

In Folge 17 geht um IT-Projekte und darum, ob es diese überhaupt gibt? Was macht Projekte erfolgreich und wodurch geraten Sie ins schlingern? Dazu spreche ich mit Joachim Bellut.



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Folgende Aspekte werden in der Podcast-Folge besprochen:

  • Gibt es IT-Projekte und was macht sie aus? [00:01:30]
  • Wann sind Projekte erfolgreich bzw. nicht erfolgreich? [00:06:20]
  • Was ist die Bedeutung von Projektzielen? [00:09:50]
  • Was sind klassische Herausforderungen im Projektmanagement bzw. IT-Projektmanagement? [00:14:00]
  • Welche Faktoren oder Anzeichen deuten darauf hin, dass Projekte scheitern? [00:17:40]
  • Welche Faktoren führen dazu, dass Projekte ein Erfolg werden? [00:20:00]
  • Was ist die Bedeutung des Projektlenkungsausschusses für das Projekt? [00:22:00]
  • Rahmenbedingungen, die ein CIO oder IT-Manger schaffen kann, damit die Projekte erfolgreich sind? [00:23:30]
  • Einen Tipp an CIOs, IT-Manager und IT-Führungskräfte. [00:26:00]

Joachim Bellut ist Experte für Führung, Projektmanagement, Change Management, Personal- und Organisationsentwicklung sowie Kommunikation. Joachim Bellut ist vom Studiengang her Maschinenbauer von der RWTH Aachen und hat zunächst 20 Jahre in der Automobilzulieferindustrie und der Investitionsgüterindustrie als Entwicklungsingenieur, interner Prozessbegleiter, Personalentwickler, Coach und Personalleiter gearbeitet, bevor er sich 2005 mit seiner Organisation – Bellut qualifizierte Mitarbeiter, effiziente Organisationen – selbstständig machte. Er begleitet in seiner Tätigkeit Unternehmen im Projektmanagement, im Change Management und eben in der Moderation von Innovationsthemen, aber auch kritischen Gesprächen bis hin zu Konfliktgesprächen.

Freuen Sie sich mit mir auf unser Gespräch zum Thema IT Projekte. Viel Spaß. Wir freuen uns auf Ihr Feedback! Diskutieren Sie mit.

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Transkript des Interviews zum Nachlesen

  1. Petra Koch:

    Gerade in der IT arbeiten die Mitarbeiter und Führungskräfte häufig in Projektorganisationen und so gut wie immer in Projekten. Gibt es wirkliche IT-Projekte?

    00:01:50-4

  2. Joachim Bellut:

    Zuerst gebe ich dir eine ganz schwarz-weiße Antwort. Es gibt aus meiner Sicht keine IT-Projekte, denn aus meiner Sicht sind IT-Projekte eigentlich immer nur Mittel zum Zweck und ich weiß, dass ich an den Grundfesten da mit so mancher ITler auch rüttle, aber ich denke mir, genau diese schwarz-weiße Aussage treffe ich auch deswegen, weil ich genau daran rütteln möchte.

    IT sehe ich als Werkzeug an, als Systematik, als Unterstützung, um Organisationen zu helfen, sich zu verbessern, sich zu verändern. Dabei geht’s mir tatsächlich darum, dass Prozesse verbessert werden und dass IT dabei helfen kann. Ich sehe es immer wieder, dass in Projekten, in sogenannten IT-Projekten, die IT im Vordergrund steht und nicht derjenige, der die IT nutzt oder nicht diejenigen, die die IT nutzen oder nicht der Prozess

    00:02:57-1

  3. Petra Koch:

    Okay, also mehr die

    00:02:58-1

  4. Joachim Bellut:

    Da verbessert werden soll.

    00:02:58-9

  5. Petra Koch:

    Technik im Fokus, aber weniger das eigentliche Ergebnis, was man damit erreichen möchte?

    00:03:05-2

  6. Joachim Bellut:

    Ja. Genau.

    00:03:06-4

  7. Petra Koch:

    Okay. Jetzt wird wahrscheinlich der geneigte ITler sagen: Ja, aber es gibt auch Projekte, da hat der Fachbereich gar nichts mit zu tun. Also zum Beispiel eine Migration von einer Software-Version auf die nächste. Was sagst du denn dazu?

    00:03:20-6

  8. Joachim Bellut:

    Ja, da gibt es sehr wohl tatsächlich und dann schwäche ich meine erste Aussage auch schon wieder ab. Da gibt’s tatsächlich auch IT-Projekte, du sprichst da den Fall an von Migration von einer Version auf die nächste. Nur auch da würde ich mir wünschen, dass überlegt wird, welche Konsequenzen hat denn die Migration für den Anwender auf der anderen Seite?

    Ich würde mir wünschen, dass der, am Ende ist es ja der Kunde, der IT mehr in den Mittelpunkt gerückt wird, denn eine Migration ohne Konsequenzen für den Anwender kann ich mir fast nicht vorstellen. Oder nehmen wir das andere Beispiel, um das Beispiel zum dieses Thema zum, dieses Thema Wiki Tool. Wofür brauche ich so ein Wiki Tool?

    Am Ende möchte ich ja dem Anwender helfen, seine Probleme, die er mit der IT hat, möglichst schnell zu helfen. Ich möchte helfen, seine Probleme zu lösen. Jetzt gibt es aus der IT heraus und wo viele Anfragen auf einmal kommen, die Idee wie beim Metzger, man zieht sich einen Zettel, man zieht sich ein Ticket, wer zuerst kommt, mahlt zuerst und dann gibt es die verschiedenen Level, einen First Level Support, Second Level Support und Third Level Support und jetzt ist da für mich die Frage: Aus welcher Blickrichtung betrachte ich das? Betrachte ich das aus der Blickrichtung der IT?

    Dann geht es nur darum so ein Ticket Tool zu installieren, um meine IT besser zu organisieren. Und wenn ich jetzt aus Sicht der Anwender das betrachte, dann hat der ja auch ein Bedürfnis. Und was ich mit diesem Ticket Tool erreicht werden soll.

    00:05:13-2

  9. Petra Koch:

    Ja und auch früher vielleicht den persönlichen Kontakt direkt zum jenigen Mitarbeiter, der wird jetzt ersetzt durch dieses Tool. Zumindest mal im ersten Schritt

    00:05:22-7

  10. Joachim Bellut:

    Und der kriegt womöglich dann einen Menschen, der ihm hilft, der gar nicht so gut deutsch spricht, der womöglich in Rumänien oder in Indien sitzt und ich habe häufig ja zu tun mit diesen Ländern und da ist das schon so ein flotter Spruch, der dann gesagt wird: Ja, kannst du dir erstmal ein Ticket ziehen. Und das zeigt mir, dass IT an der Stelle, dass man da nicht falsch gedacht hat. Da wünsche ich mir eine IT, die mehr kunden-/ anwender-fokussiert ist.

    00:05:53-5

  11. Petra Koch:

    Ja. Also was macht das eigentlich mit dem Anwender, wenn wir dem jetzt erstmal sagen, jetzt ziehe mal ein Ticket und jetzt schau mal, wir werden das dann weiter routen, sodass deine Anfrage schnellstmöglich bearbeitet wird. Das ist sehr unpersönlich und sehr weit weg von den Leuten.

    00:06:07-2

  12. Joachim Bellut:

    Ja genau. Und mir fehlt da manchmal so die Perspektive auf den Anwender, auf den Kunden.

    00:06:18-3

  13. Petra Koch:

    Okay. Wann ist denn ein Projekt aus deiner Sicht ein Erfolg und wann ist es ein Misserfolg?

    00:06:26-0

  14. Joachim Bellut:

    Am Ende des Tages ist das ja eine ganz klassische Frage aus dem Projektmanagement und da ganz einfach. Wenn die vorher mit den Beteiligten definierten Ziele erreicht sind, dann habe ich einen Erfolg.

    00:06:40-8

  15. Petra Koch:

    Alles klar. Das heißt aber auch da direkt eingehakt, man muss auch zunächst mal Projektziele definieren und Anforderungen klären.

    00:06:49-2

  16. Joachim Bellut:

    Ich muss Anforderungen klären. Ich gehe, bevor ich darauf eingehe, aber nochmal einen Schritt zurück und diese Ziele, die beziehen sich bei mir immer auf drei Kriterien. Einmal auf die inhaltlichen Ziele. Was soll erreicht werden? Dann aber auch auf die Kosten. Also mit wieviel Kohle. Und Kohle – in Anführungszeichen – heißt für mich an der Stelle auch, mit wieviel internen Ressourcen?

    Interne Ressourcen werden ja in so vielen Unternehmen als „Eh-da-Kosten“ betrachtet, als Kosten, die sowieso da sind. Aus meiner Sicht leider Gottes. Ich würde mich freuen, wenn das stärker in den Fokus gerückt wird. Wir wollen was erreichen mit wieviel Ressourcen, mit wieviel Geld und am Ende auch in welcher Zeit? Das heißt immer die drei Kriterien, das klassische Dreieck, Kosten, Geld und Zeit. So, wenn ich jetzt aber eben gesagt habe, der Erfolg ist dadurch gekennzeichnet, dass ich die mit den Beteiligten definierten Ziele auch erreiche und dann muss ich ja fragen: Wer sind denn die Beteiligten?

    Und dann fängt es an schwierig zu werden, weil die Beteiligten sind ja auf der einen Seite die meiner Kunden, respektive in der IT jetzt die Anwender. Das sind die Geldgeber, das ist das Management und das sind eine ganze Menge von, wie sagt man so schön, von den Stakeholdern. Von den Stakeholdern, die in irgendeiner Weise von diesem Projekt betroffen sind. Und an der Stelle muss ich immer ganz klar sagen das Beispiel Hausbau.

    Wenn ich ein Haus bauen will und ich beauftrage dich als Generalunternehmer, ich bin Bauherr, ich mit meiner Familie, mit meiner Frau und meinen drei Jungs, wir haben unsere Anforderungen und da gibt’s den Generalunternehmer, der, der ein Projektleiter ist und seinen Architekten, seinen Bauleiter hat, seinen Zimmermann, seinen Polier und so weiter. Der hat also ein Team, um dieses Haus zu bauen und wir auf der anderen Seite stellen die Anforderung. Also da muss dann natürlich erstmal ein Realitätscheck stattfinden. Ich habe so viel Anforderungen und habe aber nur so viel Geld, was ich ausgeben kann. Dann erwarte ich auf der anderen Seite einen starken Projektleiter, der mir sehr klar aufzeigt, was ist machbar, aber auch, was ist nicht machbar?

    00:09:25-7

  17. Petra Koch:

    Und in welchen Stufen dann vielleicht noch.

    00:09:27-1

  18. Joachim Bellut:

    Richtig. Genau. Und da kommt man am Ende zu einem Ergebnis. Und genau wie du das eben gesagt hast, es ist aber auch wichtig, dass genau das passiert, dass dieses Ergebnis, diese Ziele für dieses Projekt, die hinterher zum Ergebnis werden, dass die vorher sehr, sehr intensiv diskutiert werden im Sinne von, was ist überhaupt realistisch?

    00:09:51-1

  19. Petra Koch:

    Ja. Und das ist ja auch wichtig oder häufigerweise stelle ich erstmal fest, das wird dann so im Projektverlauf gemacht, aber eigentlich ist das ja was, was wirklich zu Beginn des Projektes bevor das startet, schon festgeschrieben oder zumindest schon definiert sein soll, oder?

    00:10:06-1

  20. Joachim Bellut:

    Und da bin ich bei so einem Begriff und man nennt den ganz gerne im Projektmanagement Frontloading. Wenn ich also am Anfang eines Projektes viel Zeit darin investiere, zu definieren, was möchte ich am Ende wirklich haben? Und wie du schon richtig sagst, in der Realität sieht das häufig anders aus. In der Realität sieht das so aus, dass häufig während des Projektes ständig neue Ziele reinkommen.

    Und die großen Projekte, die gerade, die wir in Deutschland ja so gut kennen, die Elbphilharmonie, der Berlin-Brandenburger Flughafen und warum sind die so aus dem Ruder gelaufen? Ein sicherlich wesentlicher Grund ist, dass während der Realisierungsphase, noch nicht mal während der Konzeptionierungsphase und schon während der Realisierungsphase kann man auf einmal immer wieder neue Anforderungen in das Projekt rein. Und das erleben wir ja nicht nur bei diesen Großprojekten, das erleben wir auch bei kleineren Projekten. Das erleben viele Firmen bei ganz kleinen Projekten

    00:11:12-9

  21. Petra Koch:

    Aber wie kann man als IT Projektleiter oder jetzt als IT-Manager damit umgehen? Also wäre das ein Weg zu sagen: Wir nehmen die Anforderungen auf, stellen die aber zurück bis Version 1 fertig ist oder?

    00:11:25-0

  22. Joachim Bellut:

    Ich als Projektleiter oder als auf der anderen Seite, ich als Berater wünsche mir Projektleiter, die stark genug sind, erst dann anzufangen, wenn wirklich klar ist, was gewollt ist.

    00:11:38-5

  23. Petra Koch:

    Ja. Okay.

    00:11:39-4

  24. Joachim Bellut:

    Gerade im Augenblick erlebe ich bei einem Kunden die Situation, dass der Projektleiter genau diese Stärke nicht gehabt hat. Er ist da mehr oder weniger reingetrieben worden und das ging um eine Einführung einer ERP Software und diese ERP Software oder dieses Projekt ist nach einem Jahr gestoppt worden, weil dieses Projekt fraß so viele Ressourcen, was man vorher so überhaupt nicht kalkuliert hatte und man hat es deshalb nicht kalkuliert, weil gar nicht so eindeutig klar war, was wollen wir eigentlich damit tun?

    00:12:20-7

  25. Petra Koch:

    Das wird jetzt für mich auch nochmal so gerade deutlich, wie du das jetzt auch sagst, dass bei vielen Sachen auch na ja so eine Kosten-Nutzen-Abwägung gar nicht stattfindet oder? Das

    00:12:30-9

  26. Joachim Bellut:

    Richtig.

    00:12:31-4

  27. Petra Koch:

    Ist auch, also ist ein Punkt auch, wenn ich sage: Okay, was nutzt mir zum Beispiel jetzt so ein ERP System und was kostet mich das auch eben inklusive der internen Ressourcen und allen „Eh-da-Kosten“ – in Anführungsstrichen.

    00:12:42-9

  28. Joachim Bellut:

    Richtig. Also das Warum. Das Warum und das Wozu eines Projektes, das fehlt mir häufig. Warum ist dieses Projekt für uns so wichtig? Und diese Frage kann ich ganz leicht in Anführungszeichen so beantworten, indem ich frage: Was wäre, wenn wir dieses Projekt nicht machen würden? Und diese Frage wird nach meinem Ermessen viel zu selten gestellt. Und gerade bei den sogenannten IT-Projekten.

    00:13:11-0

  29. Petra Koch:

    Und daran erkennt man ja auch, ob etwas wichtig, dringend oder noch etwas Zeit hat, ne?

    00:13:16-1

  30. Joachim Bellut:

    Richtig.

    00:13:16-6

  31. Petra Koch:

    Weil, wenn man sagt: Okay, es passiert jetzt eigentlich nichts, ob wir das machen oder nicht, das verändert jetzt nicht, da hat das Projekt keinen großen Impact. Wenn man jetzt aber sagt: Dann haben wir diese und jene Auswirkungen dann erkennt man auch die Wichtigkeit und die Dringlichkeit vielleicht auch schon anders.

    00:13:31-6

  32. Joachim Bellut:

    Ja und deshalb, wenn ich Projekte begleite, egal, ob es IT-Projekte sind oder andersartige Projekte. Die Leute sollen mir sagen, wie komplex ist das Thema? Was für eine Bedeutung hat es für das Unternehmen? Und was für eine Bedeutung hat es für mich persönlich? Und wenn ich dann herausfinde, das hat eine sehr hohe Komplexität, aber eine geringe Bedeutung für das Unternehmen, dann muss ich ja schon fragen: Macht das überhaupt Sinn dieses Projekt zu starten?

    00:14:01-6

  33. Petra Koch:

    Ja. Genau. Und besser man fragt das am Anfang, ne?

    00:14:03-6

  34. Joachim Bellut:

    Völlig richtig. Genau.

    00:14:05-4

  35. Petra Koch:

    Und jetzt haben wir auch schon so ein bisschen direkt eigentlich drüber gesprochen, was alles so passieren kann zu Projektbeginn oder was man da beachten sollte. Was sind denn ansonsten klassischerweise Herausforderungen in IT oder eben in Organisationsentwicklungsprojekten, wie du sie ja nennst? Wie begegnet man denen am besten?

    00:14:22-9

  36. Joachim Bellut:

    Ja ein sehr weites Feld. (lachen) Am Ende geht’s ja darum, dass IT wie eben schon gesagt in Organisationen helfen soll Prozesse besser, effizienter, effektiver zu managen. Und das hat am Ende immer auch mit der Änderung von Arbeitsabläufen zu tun. Und wir Menschen sind Gewohnheitstiere.

    Und Arbeitsabläufe zu verändern, heißt Menschen zu verändern, heißt Verhalten von Menschen zu ändern. Und da ist es aus meiner Sicht sehr, sehr wichtig den Menschen in einer vierstufigen Vorgehensweise klarzumachen, dann mit den Menschen zu erarbeiten. Punkt 1: Gibt es eigentlich einen Veränderungsbedarf? Also, dass die Existenz des Problems

    00:15:16-7

  37. Petra Koch:

    Okay, erkannt wird oder?

    00:15:18-1

  38. Joachim Bellut:

    Dass es erkannt wird und nicht nur erkannt wird, dass das auch akzeptiert wird. Ja wir haben da ein Problem. Was nutzt mir das, wenn ich sage: Du hast ein Problem und der andere sagt: Ich sehe das Problem gar nicht.

    00:15:31-4

  39. Petra Koch:

    Ja. Stimmt.

    00:15:32-4

  40. Joachim Bellut:

    Warum sollte der dann

    00:15:33-8

  41. Petra Koch:

    Irgendwas machen, ja.

    00:15:34-8

  42. Joachim Bellut:

    Aber zunächst mal muss ich das Problem akzeptieren, dass ich eine Veränderungsnotwendigkeit habe. Dann muss mir die Bedeutung klar sein. Nach dem Motto, wenn ich das gelöst bekomme, dann hat das für mich persönlich für die Abteilung, für das Unternehmen auch einen großen Effekt, einen Nutzen, wie du ihn eben angesprochen hast. Und der 3. Punkt ist: Ja, ich sehe, dass es prinzipiell lösbar ist. Ja, ich kann mir das vorstellen, dass das mit einer Software, mit einer IT möglich ist zu lösen. Und es ist auch für mich individuell lösbar.

    So, das heißt also, ich sehe, dass ein Problem existiert, ich sehe auch, dass das auch eine Relevanz hat, eine Bedeutung hat. Und ich kann sowohl die prinzipielle Lösbarkeit, die für mich die individuelle Lösbarkeit auch erkennen. Erst dann werde ich als Mensch an dem Thema mitarbeiten, als Mitarbeiter an dem Thema mitarbeiten. Das heißt, ich bin bereit für Veränderung. Und das wird zu häufig nicht oder nur marginal betrachtet. Die Mitarbeiter sollen mal machen.

    00:16:49-7

  43. Petra Koch:

    Ja. Da wird dann wahrscheinlich unterschätzt auch, also würde ich jetzt mal denken, dass ja auch einzelne Personen in so einem Projektteam, wenn die dann eben nicht für die Veränderung bereit sind, vielleicht ja auch den ganzen Prozess aufhalten oder?

    00:17:02-0

  44. Joachim Bellut:

    Richtig. Genau. Und das ist aus meiner Sicht die ganz, ganz große Herausforderung für IT-Projekte, weil es ja nicht in den seltensten Fällen um einen Mitarbeiter geht, um einen Anwender geht, ich mache ja eine Software-Lösung oder eine IT-Lösung allgemein mache ich für eine große Anzahl von Mitarbeitern und da wird es immer Leute geben, die ich nicht gepackt kriege. Nur diese Anzahl der Mitarbeiter zu nominieren und mir möglichst viele Anwender erzeuge, die an dem Thema mitziehen, da sehe ich wirklich, das ist die große Herausforderung für die sogenannten IT-Projekte.

    00:17:44-6

  45. Petra Koch:

    Ja. Ich würde gerne nochmal auf das Beispiel zurückkommen, was du gerade genannt hattest mit dem ERP System. Wenn man jetzt da schaut, was sind die Herausforderungen und was hätte vielleicht getan werden können, damit das Projekt jetzt letztendlich nachher nicht gestoppt werden muss, also im Prinzip ja – in Anführungsstrichen – „gescheitert“ ist. Was sind Punkte, wo dran erkennt man das und wie könnte man da direkt reagieren, wenn man das sieht als IT-Manager?

    00:18:08-9

  46. Joachim Bellut:

    Eine sehr, sehr gute Frage und ich glaube, die lässt sich nicht so mit drei, vier Sätzen beantworten. Wenn ich das könnte. (lachen)

    00:18:18-7

  47. Petra Koch:

    Okay.

    00:18:19-6

  48. Joachim Bellut:

    Nichtsdestotrotz will ich den Versuch wagen. Woran erkenne ich das? Ich erkenne das häufig daran, dass vieles nicht klar ist. Wenn ich als Externer dann da reinkomme und ich soll das Projekt helfen noch zu retten, dann stelle ich so ein paar Fragen. Dann stelle ich die Frage. Was waren die Ziele ursprünglich für dieses Projekt? Und dann fängt man schon an und sagt: Ja, eigentlich.

    00:18:46-3

  49. Petra Koch:

    Ja. Weil eigentlich weiß man dann schon Bescheid. (lachen)

    00:18:50-4

  50. Joachim Bellut:

    Ja. Genau. Und dann die Frage danach, wer ist eigentlich alles betroffen, ist nicht wirklich klar. Wer ist der Auftraggeber des Projektes ist dann nicht klar. Bis hin dazu, dass der Projektleiter womöglich gar nicht eindeutig identifiziert ist.

    00:19:09-7

  51. Petra Koch:

    Okay. Das gibt’s auch.

    00:19:11-0

  52. Joachim Bellut:

    Dann gibt es einen IT-Projektleiter und einen Fachbereichsprojektleiter und die zwei sind sich ihrer unterschiedlichen Rolle gar nicht so bewusst. Und da, das sind alles für mich solche Signale und solche Indizien dafür, dass ich sage: Hallo, hier stimmt was nicht.

    Und lasst uns mal Back to the Roots nochmal von vorne anfangen und wirklich eins nach dem anderen klären. Warum ist dieses Projekt initiiert? Was ist der Anlass für das Management dieses Projekt zu initiieren? Und was wollt ihr damit am Ende erreichen? Und lieber frühzeitig zu sagen: Lieber jetzt ein Ende mit Schrecken als ein langwieriges Schrecken ohne Ende.

    00:20:04-4

  53. Petra Koch:

    Ja. Auf jeden Fall. Jetzt haben wir über viele Herausforderungen gesprochen. Was sind denn so Faktoren, die ein Projekt extrem positiv beeinflussen können? Woran erkennt man, dass es gut läuft, dass alles funktioniert?

    00:20:18-4

  54. Joachim Bellut:

    Kunden, Anwender sind mit einbezogen. Und zwar von vornherein. Es gibt klare, eindeutig definierte Ziele, sogenannte SMARTe Ziele.

    • Die sollten strukturiert sein. Also ich muss das Ziel hinter dem Ziel verstehen.
    • Die sollten messbar sein.
    • Die sollten realistisch,
    • aber anspruchsvoll sein.
    • Und sie sollten zeitlich begrenzt (terminiert) sein.

    Das heißt, jetzt ein Projekt zu formulieren, das einen Zustand von in zehn Jahren beschreibt. Wenn da ein viel zu langes Projekt, ich bin ein Freund davon, von überschaubaren Zeithorizonten.

    00:21:00-6

  55. Petra Koch:

    Okay. Also auch nicht ewig in die Zukunft, sondern sagen, was können wir jetzt realistisch auch noch planen auch.

    00:21:06-7

  56. Joachim Bellut:

    Im Sinne einer Vision brauche ich was Längerfristiges. Das kann ruhig über zwei, drei Jahre sein. Aber, wenn ich über konkrete Ziele rede, dann bin ich ein Freund von Projekt- und Zeiträumen, Projektdauern von ein bis anderthalb Jahren.

    00:21:22-2

  57. Petra Koch:

    Mhm (bejahend). Maximal dann, ja.

    00:21:23-5

  58. Joachim Bellut:

    Ja.

    00:21:24-0

  59. Petra Koch:

    Okay.

    00:21:25-4

  60. Joachim Bellut:

    Ich habe eine klare, eindeutige Projektorganisation. Das heißt, der Projektlenkungsausschuss ist klar. Der Projektleiter ist definiert und ich habe ein eindeutig zugeordnetes Team. Ich habe eine gute Kommunikation. Was heißt für mich gute Kommunikation?

    Ich habe zum Beispiel regelmäßige Projektteam-Treffen, die müssen nicht lang sein. Und da bin ich ein Freund von den agilen Methoden, lieber mich jeden Tag eine Viertelstunde zu treffen, als mich nur einmal im Quartal für einen halben Tag zu treffen und die kleinen Fortschritte auch zu bewerten und gemeinsam an den Themen zu arbeiten.

    00:22:08-7

  61. Petra Koch:

    Ja. Alles klar. Du hast es gerade angesprochen. Projektlenkungsausschuß. Wie wichtig ist der für so ein Projekt?

    00:22:14-1

  62. Joachim Bellut:

    Extrem wichtig. Ich gehe wieder zurück zu meinem Hausbau. Ich stelle mir vor, du bist der Generalunternehmer und ich bin der Bauherr. Ich bin mit meiner Familie der Projektlenkungsausschuss und du kommst jetzt vor ein Problem. Der Bagger steht hier, das Loch wird ausgebaggert, das wird ausgeschachtet und auf einmal ist Fließsand da. Und jetzt stehst vor der Alternative, was zu machen?

    Dafür brauchst du in dem Moment einen Projektlenkungsausschuss, indem du die Konsequenzen aufzeigen kannst. Nach dem Motto, wir müssen hier tiefer grunden, wir müssen uns stärkeres Fundament aufsetzen. Das kostet dich 20.000 Euro zusätzlich. Bist du bereit, die 20.000 Euro auszugeben oder brauchst du ein Konzept, wo wir an anderen Stellen 20.000 Euro sparen müssen?

    00:23:01-2

  63. Petra Koch:

    Das ist nämlich, ich frage das deswegen, weil ich das ganz häufig in IT-Projekten sehe, dass dieses Gebilde Projektorganisation gar nicht so gelebt wird. Also, dass die Leute nicht wirklich in diese Projektorganisation eingebettet sind, sondern immer noch eigentlich an ihrer Linienorganisation berichten und eigentlich für das Projekt ist ja die oberste Instanz dieser Lenkungsausschuss.

    00:23:25-0

  64. Joachim Bellut:

    Richtig. Völlig richtig.

    00:23:27-5

  65. Petra Koch:

    Super. Wie kann ein CIO oder eine IT-Führungskraft, Organisationsentwicklungsprojekte, also, was wir gerade besprochen haben, wirksam unterstützen und die Fachbereiche mit diesem Projekt auch zum Erfolg führen? Was ist da Aufgabe des Managements?

    00:23:44-4

  66. Joachim Bellut:

    Aus meiner Sicht muss auf jeden Fall die Anwenderseite immer ins steering committee.

  67. Petra Koch:

    Also im Lenkungsausschuss?

    00:23:52-1

  68. Joachim Bellut:

    Im Lenkungsausschuss. Ja. Ich wünsche mir, dass häufiger der Projektleiter aus den Fachbereichen kommt und nicht aus der IT kommt. Mir wäre es so ein ideales Bild, wenn es ein ziehendes System wäre.

    Ich ziehe die IT als Dienstleister an mich heran, nicht umgekehrt, dass der Dienstleister sagt: Ich zeige dir wie es geht. Und dann wünsche ich mir eher den Projektleiter auf der Fachseite, wobei ich weiß, dass das häufig nicht möglich geht, alleine aus der ressourcenmäßigen Belastung heraus. Und dann muss man sich halt überlegen: Wie kriege ich die Anwenderseite genügend stark auch in das Projektteam involviert? Also die Projektorganisation spielt aus meiner Sicht eine sehr, sehr große Rolle und da hat die IT-Führungskraft oder der CIO natürlich einen wesentlichen Einfluss drauf.

    00:24:49-7

  69. Petra Koch:

    Oder er stellt zumindest vielleicht ja auch jemanden mit mehr fachlichen Know-How oder?

    00:24:54-3

  70. Joachim Bellut:

    Richtig.

    00:24:54-6

  71. Petra Koch:

    Das wäre ja auch eine Alternative.

    00:24:56-9

  72. Joachim Bellut:

    Richtig. Genau. Und da ist er natürlich, hat eine große, nicht ist, sondern hat eine große Vorbildfunktion für seine Mannschaft. Wenn er bei seinen Leuten auftritt, die wissen sowieso nicht, die anderen, die Anwender, die wissen sowieso nicht, wie es funktioniert. Wir müssen denen das zeigen. Und dann ist das, dann ist er Vorbild. Er ist aber auch Vorbild, wenn er sagt: Ich habe mit meinen Kollegen auf der Anwenderseite gesprochen, mit dem Vertriebsleiter oder mit dem Produktionschef oder wie auch immer und die wünschen sich das in der und der Art und Weise. Wie können wir die darin unterstützen?

    00:25:34-8

  73. Petra Koch:

    Ja. Das heißt, alleine schon der Weg der Kommunikation oder was man formuliert, hat da schon Einfluss darauf.

    00:25:41-4

  74. Joachim Bellut:

    Was und wie man es formuliert. Und häufig erlebe ich eben gerade aus dieser IT-Sicht heraus, diese Einstellung: Wir zeigen euch mal, wie es geht.

    00:25:54-2

  75. Petra Koch:

    Ja. (lacht) Und das ist ja, das kommt natürlich beim Fachbereich auch so an.

    00:25:57-4

  76. Joachim Bellut:

    Genau so. Ja.

    00:25:58-8

  77. Petra Koch:

    Okay. Sehr gut. Also jetzt hatten wir eigentlich gerade schon genau drüber gesprochen, wie man diesen Wandel vollziehen kann, dass eben die Manager dieses Selbstverständnis auch ändern, dass man eben da eine Zusammenarbeit schafft. Vielleicht jetzt letztes nochmal. Wenn du einem CIO einen Tipp geben könntest, welcher wäre das, um das Projektmanagement effektiver zu machen?

    00:26:22-9

  78. Joachim Bellut:

    Eine sehr, sehr schwierige Frage und ich hätte jetzt einen ganzen Rattenschwanz von verschiedenen Tipps, die ich gerne geben würde.

    00:26:31-2

  79. Petra Koch:

    Ja gerne auch also, wenn es jetzt mit einem nicht hinhaut, gerne einfach vielleicht kurz und knackig.

    00:26:35-5

  80. Joachim Bellut:

    Ich würde mich gerne schon auch auf eins fokussieren. Setze deine internen und externen Kunden mit den ausgesprochenen, aber auch mit den nicht ausgesprochenen Erwartungen in das Zentrum deines Handelns.

    00:26:50-8

  81. Petra Koch:

    Wunderbar. Klasse. Das können ja dann die CIOs und IT-Manager beherzigen, wenn sie jetzt ihre nächsten Projekte angehen. Super. Ich danke vielmals für das Interview, hat mir sehr viel Spaß gemacht.

    00:27:03-7

  82. Joachim Bellut:

    Gerne. Hat mir auch viel Spaß gemacht.

    00:27:06-3

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