CIO 019 – Prozessorientierte digitale Transformation: Potentiale am Beispiel der Blockchain – Interview mit Stefan Gössel

Stefan Goessel
Stefan Gössel

Hallo und herzlich willkommen zur Folge 19. Prozessorientierte digitale Transformation und die Potenziale am Beispiel der Blockchain, darum soll es heute gehen. Zu diesem Thema spreche ich mit Stefan Gössel.



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Folgende Aspekte werden in der Podcast-Folge besprochen:

  • Die digitale Transformation im Unternehmen zielgerichtet und gewinnbringend umsetzen [00:01:00]
  • Bedeutung der prozessorientierten digitalen Transformation [00:02:00]
  • Digitalisierung entlang der Wertschöpfungskette [00:04:40]
  • Potenziale der digitalen Transformation bezogen auf Prozesse, Technologie und Organisation [00:06:40]
  • Blockchain – Was ist das und warum sollten sich CIOs und IT-Manager damit beschäftigen? [00:09:30]
  • Branchen die Blockchain im Blick haben sollten – Potentiale und Disruptions-Risiken [00:13:20]
  • Möglichkeiten für Unternehmer und CIOs sich dem Thema Blockchain zu näheren [00:15:00]
  • Die Blockchain Technologie und der Vergleich zum Internet [00:18:00]
  • Einen Tipp für den CIOs, IT-Manager und IT-Führungskräfte [00:23:30]

Stefan Gössel ist Gründer und Geschäftsführer, also Managing Partner der Leadvise Management Beratung. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Karlsruhe, Harvard und St. Gallen arbeitete er zunächst als Consultant für die Deutsche Börse Gruppe. 2006 wurde er Partner einer IT-Beratung und baute dort die Einheit für IT-Strategieberatung in Deutschland und der Schweiz auf. In 2010 übernahm er als Partner die strategische Technologieberatung bei einer Management Beratung.

2011 gründete er dann mit seinem Kollegen Tobias Gericke die Management Beratung Leadvise und berät seitdem DAX-Unternehmen und andere Marktführer zum Einfluss von Technologie und Innovation auf Wirtschaft und Gesellschaft.

Freuen Sie sich mit mir auf ein spannendes Interview. Viel Spaß. Wir freuen uns auf Ihr Feedback! Diskutieren Sie mit.

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Transkript des Interviews zum Nachlesen

  1. Petra Koch:

    Wie können Unternehmen ihre digitale Transformation zielgerichtet und gewinnbringend umsetzen?

    00:01:37-2

  2. Stefan Gössel:

    Ja ich bin der Meinung, dass die digitale Transformation prozessorientiert stattfinden sollte. Das heißt, man analysiert entlang der Wertschöpfungskette, entlang der Geschäftsprozesse, welche Potenziale zu finden sind und setzt diese dann entsprechend einer Priorisierung um anstatt einfach verschiedene Insellösungen zu starten, die miteinander nichts zu tun haben und dort das große Ganze im Blick zu behalten.

    00:02:06-4

  3. Petra Koch:

    Mhm (bejahend). Was verstehen Sie unter prozessorientiert, also wie kann ich mir das vorstellen entlang der Wertschöpfungskette digital zu transformieren?

    00:02:12-7

  4. Stefan Gössel:

    Anstatt organisatorische Silos zu betrachten, wo man immer nur einen kleinen Ausschnitt hat und dann eben lokale Optima erzeugt, läuft man entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens die Prozesse ab und analysiert entsprechend die Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe der einzelnen Prozessschritte und versucht dort Potenziale zu finden für die Digitalisierung. Das heißt, wenn eine Eingabe heutzutage manuell erfolgt, kann ich eben versuchen die digital stattfinden zu lassen. Wenn die Verarbeitung manuell erfolgt, dann kann ich versuchen das über Algorithmen zu automatisieren oder über Software zu automatisieren und eben genauso mit der Ausgabe.

    Das heißt, ich muss versuchen sämtliche Medienbrüche, die ich da habe, zu beseitigen über stringenter IT-Systeme und finde so in der Regel sagen wir mal 80 Prozent der Potenziale, die die Digitalisierung bringt. Und im weiteren Schritt würde ich dann erst anfangen mir Gedanken zu machen über Geschäftsmodellinnovationen. Das heißt, das was die Unternehmen heute eigentlich als erstes tun, würde ich erst mal einen Schritt nach hinten legen und würde versuchen erst mal die gesamte Ist-Geschäftsprozesslandschaft zu optimieren, um dann eine Basis zu haben für ein wirklich digitales Unternehmen.

    Das heißt, zum Beispiel am Beispiel der Bankenbranche würde ich sagen, anstatt neue Bankenprodukte zu erfinden, sollte man erstmal versuchen die bestehenden Produkte vollständig zu digitalisieren und dann eben entsprechend kostengünstig und effizient anbieten zu können.

    00:03:51-3

  5. Petra Koch:

    Das heißt, ist aber auch ein Vorhaben für das ganze Unternehmen dann. Das kann man nicht irgendwie losgelöst mal hier an einer Stelle machen, wie Sie es eben schon gesagt haben. Also weg von den Insellösungen eigentlich hin zu einem gesamtunternehmensweiten Vorhaben?

    00:04:03-3

  6. Stefan Gössel:

    Definitiv ja. So wie es eben in den 90ern in der Prozessoptimierung der Fall war, dass man angefangen hat sich Ende zu Ende Prozesse vorzunehmen anstatt kleine Silos. Wir würden mit der gleichen Methodik auch empfehlen heute die Digitalisierung voranzutreiben. Das heißt in so einer Art Prozesskostenerhebung einfach zu schauen, wo sind denn eigentlich die Kosten in den Prozessen? Wo werden am meisten Ressourcen verbraucht? Ob das jetzt menschliche Ressourcen sind oder Maschinen oder sonstige Materialien und entsprechend dieser Ressourcenverbräuche die Digitalisierung voranzutreiben. Also da, wo am meisten zu holen ist, auch, um zu investieren.

    00:04:42-8

  7. Petra Koch:

    Haben Sie ein konkretes Beispiel für die Digitalisierung von Inhalten und Medien entlang der Wertschöpfungskette?

    00:04:49-2

  8. Stefan Gössel:

    Ein gutes Beispiel ist immer die Musikindustrie. Die haben wir alle miterlebt. Da ist die Digitalisierung schon sehr weit fortgeschritten und wenn man einfach mal zurückblickt: Früher gab es im Prinzip analoge Musik auf einem physischen Datenträger. Das heißt, ich hatte eine Langspielplatte oder eine Musikkassette und irgendwann wurden die Inhalte digitalisiert und immer noch auf einem physischen Medium wie einer CD oder einer DVD gespeichert.

    Jetzt hat es, im Prinzip gab es jetzt erstmals die Möglichkeit, dass man verlustfrei diese Inhalte kopieren konnte, was für die Musikindustrie natürlich erstmal negativ war und die erste große Veränderung und die wirklich große Veränderung kam aber dann erst durch den Download von diesen digitalen Medien. Das heißt, man hat dieses physische Medium der CD verlassen und konnte Musik digital anbieten. Das hat die Kompression, Kompressionsalgorithmen wie MP3 haben das ermöglicht, weil damals die Internetverbindung eben noch zu langsam war.

    Mit der Zeit wurden diese Verbindungen aber auch immer schneller und überall verfügbar. Das heißt auch mobil und damit kam ein weiterer Schritt, dass man im Prinzip gar keinen Download mehr auf ein, ja auf sein Medium beim Konsumenten gemacht hat, sondern dass man On Demand die Musik streamt. Und in diesen Abstufungen kann man sich auch seine Geschäftsprozesse anschauen und kann überlegen, wo arbeite ich denn noch mit physischen Datenträgern wie einer CD?

    Das heißt, gibt es noch Mitarbeiter im Unternehmen, die mit einem Klemmbrett rumlaufen und irgendwelche Daten erheben wie jetzt zum Beispiel Kühltemperaturen von Gefriertruhen im Lebensmittelbereich. Und wie kann ich diese physischen Datenträger digitalisieren und wie kann ich eben entsprechend die Informationen, die dort festgehalten werden, wie kann ich die auch digitalisieren?

    00:06:45-9

  9. Petra Koch:

    Was sind denn typischerweise so Potenziale, die Sie in Unternehmen beobachten und erkennen bezogen auf Prozesse, Technologie und dann vielleicht auch die Organisationen?

    00:06:55-7

  10. Stefan Gössel:

    Das erste, was passiert, ist eben, dass Prozessdurchlaufzeiten verkürzt werden können. Das heißt, verschiedene Medienbrüche, die auftreten, war ein Prozess, bisher sehr, hat sehr lange gedauert und die Prozessdurchlaufzeiten waren auch sehr variabel, was immer einer schlechten Prozessqualität entspricht. Und das heißt, diese Durchlaufzeiten und die Varianz der Durchlaufzeiten, die können wir erstmal deutlich senken oder stabilisieren und dementsprechend sparen Sie natürlich auch Kosten ein und in der Regel kann man eben auch mit weniger Menschen die gleichen Prozesse betreiben und kann auch das Material, was in den Prozessen verbraucht wird, reduzieren.

    Und im zweiten Schritt, wenn man dann weiter optimiert, fallen viele Aktivitäten komplett weg oder können drastisch vereinfacht werden. Das heißt, so Dinge wie Qualitätskontrolle kann vollautomatisiert stattfinden, wenn der gesamte Prozess sowieso digital auf einer durchgängigen Plattform abgebildet wird. Wir haben in der Regel festgestellt, dass mit einer Standardprozessoptimierung schon 20 Prozent an Prozesskosten gespart werden können. Und die Digitalisierung, wenn Sie diesen Aspekt verstärkt mit aufnehmen, die verstärkt dieses Potenzial nochmal deutlich.

    00:08:15-7

  11. Petra Koch:

    Super. Und Potenziale in der Technologie, sehen Sie da auf welche? Wir haben jetzt schwerpunktmäßig den Prozess besprochen. Gibt es da eine Möglichkeit zum Beispiel neuere Architekturen dann auch einzuführen?

    00:08:27-8

  12. Stefan Gössel:

    Was ganz interessant ist, ist im Prinzip dieser Zwiespalt zwischen stabilen Systemen, wo ich mich eher auf Architekturen verlasse, die ich heute schon im Griff habe, die ich heute stabil betreiben kann. Und auf der anderen Seite gibt es völlig neue Architekturansätze, die auch völlig neue Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle ermöglichen.

    Da ist zum Beispiel Blockchain ein gutes Beispiel, was gerade sehr intensiv diskutiert wird und was ein erhebliches Potenzial hat bezüglich der Geschäftsprozesse, insbesondere, wenn es übergreifend zwischen Unternehmen stattfindet zwischen vielen verschiedenen Spielern in einem Geschäftsprozess. Im Prinzip, wenn Sie so eine Art Ökosystem haben, wo die Wertschöpfungskette auf verschiedene Spieler aufgeteilt ist, auf verschiedene Unternehmen.

    00:09:18-6

  13. Petra Koch:

    Lassen Sie uns da noch einmal genauer darauf eingehen. Das Thema Blockchain haben Sie gerade angesprochen. Das kann tatsächlich zukünftig zu einer vielleicht kleineren (lacht) oder größeren Disruption für manche Geschäftsmodelle sorgen. Können Sie ganz kurz erläutern, was man unter Blockchain versteht?

    00:09:33-6

  14. Stefan Gössel:

    Als erstes muss man sagen: Man braucht etwas länger, um Blockchain (lacht) zu verstehen. Bei mir hat es drei Monate gedauert. Vielleicht können andere das schneller. Um einen ersten Einstieg zu finden, ist es ganz gut, wenn man sich Bitcoin anschaut. Das ist eine digitale Währung, die auf einer Blockchain-Technologie basiert und die im Prinzip auch diese Technologie ans Tageslicht gebracht hat.

    Der Hintergrund war, dass 2008 die große Finanzkrise war und das Vertrauen in staatliche Systeme oder auch in die Bankensysteme war deutlich angeknackst und es kam dann 2009 von einem anonymen Erfinder diese Idee auf, dass man ein Peer-To-Peer Finanzsystem aufbaut ohne einen zentralen Spieler in der Mitte. Was man bisher noch nicht geschafft hat aufgrund verschiedener technischer Probleme. Wenn Sie sich Paypal anschauen, dann ist das zwar eine sehr digitale Geschichte, aber in der Mitte sitzt immer noch ein Intermediär, eben Paypal.

    Und die Blockchain ermöglicht es Werte auszutauschen, also Geld oder andere werthaltige Transaktionen zu tätigen ohne, dass ein Intermediär in der Mitte das Vertrauen erzeugt, was heute notwendig ist. Dieses Vertrauen wird durch verschiedene technologische Prozesse erzeugt. Das heißt, im Prinzip wird die Macht des Intermediärs, der bisher in der Mitte saß, also eine Bank oder eine Börse oder ein Notar, wird verteilt auf ein Netzwerk, sodass eben diese Macht nicht mehr missbraucht werden kann. Das heißt, jeder in diesem Netzwerk kann für einen kurzen Zeitraum eben die Hoheit über die Daten haben und gibt sie dann aber in der nächsten Transaktionen an den nächsten weiter.

    00:11:21-5

  15. Petra Koch:

    Genau und diese Sicherheit wird doch auch mit kryptografischen Methoden sichergestellt oder? Es ist nicht so, dass das irgendwie alles von alleine läuft oder?

    00:11:30-1

  16. Stefan Gössel:

    Ja genau. Es gibt verschiedene Methoden, wie man diesen Konsens herstellen kann. Und bei Bitcoin ist es so, dass das ein sehr rechenintensives Verfahren ist. Das heißt, Sie müssen eine kryptografische Aufgabe lösen als einen Knoten und wenn Sie als Erster diese Aufgabe gelöst haben, dann ist es für die anderen Knoten sehr einfach diese Lösung zu überprüfen. Es ist aber sehr schwierig diese Lösung zu finden.

    Und wenn eben die Mehrheit des Netzwerkes der Meinung ist Ihre Lösung ist richtig, dann haben Sie für diese Transaktion die Macht und können eben die nächste Transaktion an diese Blockchain anhängen. Das heißt, diese Blockchain ist eine Kette von Blöcken mit Transaktionen. Und das Besondere ist eben, dass diese Kette immer nur weitergeschrieben wird. Das heißt, sie ist nicht editierbar und damit ist sie nicht manipulierbar im Nachhinein und diese Ketten oder diese Blöcke sind in der Kette kryptografisch miteinander verbunden.

    Das heißt, wenn Sie rückwirkend diese Kette manipulieren wollen, dann müssten Sie sämtliche Rechenaufgaben noch einmal neu lösen, was einfach physikalisch nicht möglich ist. Von daher haben Sie dann ein sehr hohes Sicherheitsniveau, was aber auf der anderen Seite erkauft wird mit einem sehr hohen Energieverbrauch und mit einer relativ niedrigen Geschwindigkeit dieser Blockchain. Und dort gibt es eben andere Konsens-Algorithmen oder Konsens-Modelle, die weniger energieintensiv laufen und dafür eben nicht ganz so hohe Sicherheitsstandards mitbringen.

    Das heißt, am Ende, wenn Sie sich mit Blockchain beschäftigen, dann müssen Sie für sich am Ende in Ihren Anwendungsszenarien festlegen, wo auf diesem Spektrum zwischen Sicherheit und Energieverbrauch und Performance der Blockchains Sie sich bewegen wollen.

    00:13:21-4

  17. Petra Koch:

    Die Finanzindustrie beschäftigt sich mit dem Thema Blockchain schon sehr lange und setzt sich damit auseinander. Betrifft das denn auch andere Branchen? Und wenn ja, woran erkennt jetzt der Hörer oder die Hörerin, zum Beispiel ein Unternehmer, CIO oder IT-Manager, dass es auch für die jeweilige eigene Branche relevant ist und womöglich auch das eigene Geschäftsmodell betreffen könnte?

    00:13:42-4

  18. Stefan Gössel:

    Die Bankenbranche ist ganz klar Vorreiter, weil sie am stärksten betroffen war und ist insbesondere auch durch den Bitcoin. Als nächstes kamen die Versicherer, die eben auch sehr stark intermediär sind in ihrem Geschäftsmodell. Und mittlerweile beschäftigen sich eigentlich alle Branchen damit und wir haben gesehen, wir haben so eine globale Analyse gemacht bezüglich der Potenziale, wir haben gesehen, dass jedes Unternehmen, also jede Branche in jeder Funktion, Potenziale durch Blockchain hat.

    Um zu analysieren, ob einen das ganze Thema betrifft, ist es glaube ich sinnvoll sich verschiedene Fragen zu stellen bezüglich des eigenen Geschäftsmodells. Das heißt, wenn ich in meinem Geschäftsmodell einen sehr starken Wertschöpfungsanteil als Intermediär habe, dann bin ich auf jeden Fall betroffen beziehungsweise habe sehr hohe Potenziale.

    Das heißt, wenn ich irgendwo Vertrauen schaffe, wenn ich in der Mitte zwischen verschiedenen Parteien stehe, um Transaktionen zu ermöglichen, wie das eben eine Bank, eine Börse oder eine Versicherung tut oder auch Kreditkartenunternehmen oder zum Beispiel Uber ist ein ganz gutes Beispiel oder auch Amazon, das heißt, wenn ich einen Marktplatz betreibe, dann hat Blockchain für mich sehr großes Potenzial, aber auch ein sehr großes Risiko, dass ein neuer Spieler kommt und eben mein Geschäftsmodell disruptiert.

    00:15:05-1

  19. Petra Koch:

    Wenn jetzt der CIO oder IT-Manager oder Unternehmer das erkannt hat und der sagt: Okay, ich habe jetzt verstanden, das ist für mein Geschäftsmodell auch relevant. Welche Möglichkeiten hat der denn dann aus Ihrer Sicht sich dem Thema Blockchain zu nähern und vielleicht dann auch erste Prototypen zu entwickeln und damit in Berührung zu kommen, um eben vielleicht sich sein eigenes neues Ökosystem zu schaffen und eine neue Geschäftsmodellentwicklung voranzutreiben?

    00:15:28-4

  20. Stefan Gössel:

    Auch da empfehlen wir wieder erst einmal die Geschäftsprozesse durch zu laufen und zu analysieren, ob dort irgendwo Intermediär-Funktionen stattfinden, ob ich Intermediäre vielleicht nutze oder ob Intermediäre meine A-Kunden sind. Das heißt, wenn ich lauter Banken als A-Kunde habe, dann soll ich mir vielleicht Gedanken machen, ob es die in fünf bis zehn Jahren in der Form noch gibt.

    00:15:53-2

  21. Petra Koch:

    Genau. Ist auch ein guter Punkt. (lacht)

    00:15:55-4

  22. Stefan Gössel:

    Genau, wenn ich selber eben sehr viele Intermediäre beschäftige als Dienstleister, dann kann ich mir überlegen, ob ich diesen Schritt einsparen kann durch ein Blockchain-Konzept oder wenn ich eben selber Intermediär bin, muss ich mir überlegen, welche Rolle spiele ich in einem Geschäftsmodell in dem Blockchain etabliert ist.

    Weil das heißt, wenn Sie zum Beispiel eine Börse sind, dann fällt Ihre gesamte Wertschöpfungskette weg, wenn diese Börse auf einer Blockchain laufen würde und dann können Sie sich überlegen, welche neuen Möglichkeiten habe ich denn da. Und sie könnten eine Art Service Provider werden in diesem Geschäftsmodell oder in diesem Ökosystem, Sie können Berater werden, Sie haben einfach verschiedene Möglichkeiten, müssen sich aber relativ früh darum Gedanken machen. Oder Sie sind eben derjenige, der die Blockchain aufsetzt oder diese Blockchain konzipiert und etabliert. Dann haben Sie eben wiederrum eine neue Rolle.

    00:16:51-1

  23. Petra Koch:

    Wenn ich das technologisch machen wollen würde, ist die Blockchain denn – in Anführungsstrichen – frei verfügbar?

    00:16:56-5

  24. Stefan Gössel:

    Ja genau. Die Blockchain, das Konzept ist Open Source. Das heißt, jeder kann auch den Code einsehen und das wiederum einen Aspekt der Sicherheit mit sich bringt und es gibt eben verschiedene Ausprägungen dieser Blockchain und Sie müssten sich dann entscheiden, welche Art der Blockchain oder welches Konzept der Blockchain das Richtige ist für Ihr Geschäftsmodell oder für Ihre Geschäftsprozesse. Und wir empfehlen dort einfach mal Hands-on mit diesen Technologien anfangen zu spielen.

    Das heißt, Sie analysieren Ihre Geschäftsprozesse und sagen: Okay, an den drei Stellen haben wir ein sehr hohes Potenzial und dann setzen Sie ein Transformationsprogramm auf und sagen diese drei Anwendungsbereiche, die detaillieren wir jetzt aus und setzen die prototypisch um und lernen eben auf diesen Weg, wie Sie dort weitergehen können und in der Regel ist es dazu sinnvoll oder notwendig mit anderen Unternehmen zu kooperieren, weil die Blockchain ihre volle Wirkung erst entfaltet, wenn Sie über Unternehmensgrenzen hinweg arbeiten.

    00:17:59-1

  25. Petra Koch:

    Viele sagen auch, dass das Thema Blockchain vergleichbar wäre mit dem Thema Internet, was dann einfach wirklich so viel Neuerungen bringt, dass man da heute noch gar nicht weiß, wie sich das entwickelt. Würden Sie da zustimmen?

    00:18:11-4

  26. Stefan Gössel:

    Ja auf jeden Fall. Wir haben diese Metapher Internet zu Blockchain ein bisschen näher untersucht und es gibt eben sehr, sehr viele Gemeinsamkeiten dieser zwei Technologien. Das heißt sie sind erstmal Open Source verfügbar, sie sind per se kostenlos, sie schaffen einen sehr harten Standard im Sinne eines Protokolls. Das Internet konnte sich auch nur so durchsetzen, weil es eben verschiedene Protokolle beinhaltet und die Teilnehmer nicht mehr über Standards verhandeln müssen wie das heutzutage oft der Fall ist, wenn es B2B betrifft und das Ganze dann noch global wird immer schwierig, wenn es keine Protokolle gibt. Und ein Blockchain bringt eben genau diese Protokolle mit.

    Von daher ist es eigentlich auch falsch, wenn man von Proof of Concepts redet, weil das Konzept der Blockchain läuft seit 2009 mit dem Bitcoin. Das heißt, der Proof des Konzepts ist eigentlich schon da. Es geht vielmehr darum, neue Anwendungsbereiche zu finden und zu überprüfen. Das heißt die Technologie selber ist, hat sich einfach als stabil erwiesen. Es gibt natürlich noch einige Probleme, die da zu lösen sind. Aber das war beim Internet am Anfang genauso.

    Und wir gehen einfach davon aus, dass sich für verschiedene Anwendungsbereiche auch unterschiedliche Blockchain-Ausprägungen durchsetzen. Das heißt, die Welt wird nachher ein Netz unterschiedlicher Blockchains sein, die aber interoperabel sind, das heißt, die arbeiten zusammen. Das geht heute schon und damit muss man sich beschäftigen, glaube ich.

    00:19:43-9

  27. Petra Koch:

    Super. Gibt’s denn aus Ihrer Sicht noch weitere Megatrends beziehungsweise welche sollte man sich angucken als CIO und IT-Manager und wie würden Sie damit umgehen?

    00:19:53-0

  28. Stefan Gössel:

    Ja also so, wie sie eben die Potenziale der Blockchain beziehungsweise der Digitalisierung an sich prozessorientiert analysieren. Das heißt, für jeden Geschäftsprozess oder für jede Aktivität anschauen, welche Potenziale und Risiken haben Sie denn da?

    So würde ich mir genauso anschauen: Können Sie denn die Digitalisierung vorantreiben mit Technologien wie Robotik oder Drohnen? Können Sie etwas mit 3D-Druck machen? Was auch wieder sehr schön mit Blockchain zusammenspielt. Zum Beispiel eine Dezentralisierung Ihrer Ersatzteilversorgung. Können Sie die Verarbeitung von Daten über künstliche Intelligenz beschleunigen oder sogar erweitern? Können Sie neues Wissen aus ihren Daten schöpfen? Und so können Sie eben verschiedenste Megatrends in Ihre Prozesse einfließen lassen und die Potenziale und Risiken überprüfen. Und das können Sie sogar noch über Technologietrends hinaus machen.

    Das heißt, wenn Sie andere Megatrends haben, wie zum Beispiel die demographische Entwicklung, dann können Sie sich auch anschauen, an welchen Stellen in meinen Prozessen wird das überhaupt wichtig? Und Sie können auch nicht nur Ihre Prozesse anschauen, Sie können auch Ihr gesamtes Geschäftsmodell analysieren. Wir empfehlen da den Business Model Canvas (siehe CIO Podcast Folge 10), der mittlerweile zu so einem inoffiziellen Standard geworden ist.

    Und damit können sie sehr leicht Ihr Geschäftsmodell erst einmal aufzeichnen und verständlich machen, einheitliches Verständnis schaffen und dann können Sie eben schauen, welche dieser Megatrends beeinflussen meine Geschäftsprozesse und mein Geschäftsmodell und wie können wir darauf reagieren? Damit schaffen Sie eben ein gemeinsames Verständnis in Ihrem Führungsteam und haben auch ein sehr hohes Kommittent bezüglich dieser Transformation, die am Ende immer ein Change ist und Change ist schwierig, wie wir alle wissen. Nicht nur für einzelne Individuen, sondern eben insbesondere für Organisationen. Und mit dieser prozessorientierten Vorgehensweise schaffen Sie es bessere Transformation hinzubekommen.

    00:21:51-6

  29. Petra Koch:

    Super. Bei dem Thema, was Sie jetzt gerade angesprochen haben, diese verschiedenen Megatrends auch dem Thema Blockchain, was wir vorher besprochen haben, wird immer eine sehr große Menge Daten erzeugt. Wie würden Sie denn sagen, sollte der CIO damit umgehen?

    00:22:04-6

  30. Stefan Gössel:

    Überlegen Sie erstmal, an welchen Stellen Daten überhaupt erzeugt werden. Versuchen Sie das systematisch strukturiert zu erfassen und dann sammeln Sie erst einmal diese Daten auch, wenn Sie noch nicht genau wissen, welchen Wert Sie daraus generieren können. Es wird auf jeden Fall einen Wert geben, den Sie heute vielleicht noch nicht erkennen. Und da ist uns aufgefallen in den verschiedenen Projekten, dass es ganz wichtig ist die Organisation darauf anzupassen.

    Das heißt, es wird neue Rollenbeschreibungen geben, sowas wie ein Data Owner, der einfach dafür verantwortlich ist, dass verschiedene Daten korrekt sind, dass die gepflegt werden und dass die integriert werden. Und dann können Sie im nächsten Schritt Potenziale eruieren, Sie können mit Deep Learning Algorithmen einfach versuchen, ob Sie dort Muster finden, ob Sie dort Wissen generieren können, mit dem Sie eben bessere Entscheidungen treffen können oder die Daten vielleicht monetarisieren können, Ihre Geschäftsprozesse damit beschleunigen können.

    Es gibt einfach vielfältige Potenziale, die diese Daten bringen können. Und da ist es auch so, dass man heute nicht unbedingt weiß, welche Potenziale das sind. Man weiß aber nur, dass es viele Potenziale sein werden. Von daher empfehlen wir möglichst frühzeitig und möglichst strukturiert damit anzufangen und sich aber auch Zeit zu lassen mit den Ergebnissen, die da rauskommen können.

    00:23:30-7

  31. Petra Koch:

    Wenn Sie einem CIO oder einem IT-Manager einen einzigen Tipp geben könnten, welcher wäre das?

    00:23:36-3

  32. Stefan Gössel:

    (lacht) Der Tipp zum Blockchain ist auf jeden Fall, sorgen Sie dafür, dass Ihr gesamtes Vorstandsteam das Thema Blockchain versteht. Was nicht nur einfach, sondern da sollten Sie sich mal 90 Minuten Zeit auf die Agenda setzen und einen Experten reinholen. Und sorgen Sie dafür, dass Ihr Team dieses Thema bewertet, dass man eine gemeinsame Bewertung des Themas Blockchain hinbekommt oder erarbeitet und dann entscheidet, wie man damit weitermacht. Es ist völlig legitim, wenn man sagt: Okay, wir haben das jetzt verstanden.

    Wir verstehen ungefähr die Auswirkungen auf unsere Geschäftsmodelle, aber wir schieben das erstmal nach hinten das Thema und warten eben ab bis andere voranlaufen. Oder man nutzt das Thema und sagt: Okay, wir wollen ganz vorne dabei sein, wir wollen Technologieführer sein und wir nutzen eben diese Chance Blockchain so wie damals verschiedene Unternehmen das Internet als Chance genutzt haben. Und wenn man jetzt zurückblickt, dann gibt es eben einige, die auch auf der Strecke geblieben sind, als sich das Internet dann doch etabliert hat.

    Wenn ich einem CIO insgesamt einen Tipp geben würde, dann wäre es wohl der, dass man immer wieder versuchen muss die Balance herzustellen zwischen einer Stabilität und auf der anderen Seite der Innovation. Das heißt, sorgen Sie dafür, dass Ihre Prozesse, Ihre Systeme, Ihre gesamte Organisation erst einmal stabil läuft und versuchen Sie parallel dazu Bereiche zu identifizieren, in denen Sie Innovation und Geschwindigkeit vorantreiben. Das ist glaube ich die wesentliche Herausforderung in den nächsten Jahren als CIO und da würde ich mein Hauptaugenmerk drauf legen.

    00:25:22-8

  33. Petra Koch:

    Super. Vielen Dank, Herr Gössel. Klasse Interview. Hat mir sehr viel Spaß gemacht. Vielen Dank.

    00:25:28-8

  34. Stefan Gössel:

    Ja gerne und vielen Dank Ihnen.

    00:25:31-1

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