CIO 045 – Die Blockchain: Eine Basis für bestehende und digitale Geschäftsmodelle – Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Prinz

Prof. Dr. Wolfgang Prinz
Prof. Dr. Wolfgang Prinz

In der heutigen Folge 45 geht es um das Thema Blockchain. Das Thema Blockchain ist vor allen Dingen im Moment in aller Munde durch die Kryptowährungen. Aber es ist nicht nur dafür gut, sondern es bietet auch die Basis für einige neue digitale Geschäftsmodelle, aber natürlich auch als Unterstützung für bestehende Geschäftsmodelle kann die Blockchain-Technologie eingesetzt werden. Damit Sie mehr über die Hintergründe, die Technik und die Basis der Blockchain und den kryptographischen Basics erfahren können, spricht Petra Koch im Interview mit Herrn Professor Wolfgang Prinz vom Blockchain Lab des Fraunhofer FIT.



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Folgende Aspekte werden in der Podcast-Folge besprochen:

  • Die derzeit bekanntesten Anwendungsfälle der Blockchain sind Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether und viele mehr. Ist Blockchain nur etwas für den Finanzsektor? (02:00)
  • Entsteht durch Blockchain eine neue Generation des Internets? (05:30)
  • Warum sollten CIOs und IT-Manager sich mit dem Thema Blockchain beschäftigen? (09:15)
  • Die Grundprinzipien der Blockchain (11:00)
  • Aktuelle Herausforderungen und Potentiale beim Thema Blockchain (19:00)
  • Transaktionen und digitale Geschäftsmodelle und Transaktionen, die mittels Blockchain optimiert werden können (25:40)
  • Wie kann ein Unternehmen seine eigene Blockchain entwickeln und ist das überhaupt sinnvoll? (30:30)
  • Do’s and Don’t beim Experimentieren mit der Blockchain im Unternehmen (33:55)
  • Einen Tipp an CIO bzw. IT-Manager (38:25)

Herr Professor Wolfgang Prinz studierte Informatik an der Universität Bonn und promovierte an der University of Nottingham. Seit 2001 ist er Professor an der RWTH Aachen und leitet als stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik, kurz Fraunhofer FIT, den Forschungsbereich Kooperationssysteme. Dort werden Projekte für die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung durch den Einsatz von Kooperationsplattformen, Mixed Reality und flexiblen Kommunikationsinfrastrukturen realisiert und Lösungen für die Anwendungsbereiche Mobilität und digitale Energie entwickelt.

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist die größte Forschungsorganisation für anwendungsorientierte Forschung in Europa und ist daher denke ich ein guter Anlaufpunkt, um sich über die Hintergründe der Blockchain zu informieren. Herr Professor Prinz beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Blockchain in einem Blockchain Lab vom Fraunhofer FIT und ist da besonders betraut mit den technischen Grundlagen der Blockchain und der Entwicklung und Analysen von Blockchain-basierten Anwendungen. Weiterhin organisiert er als Vorsitzender große internationale Konferenzen und ist Editor von wissenschaftlichen Zeitschriften und Koordinator nationaler und internationaler Forschungsprojekte. Freuen Sie sich also mit mir auf ein spannendes Interview zum Thema Blockchain. Viel Spaß!

Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zum Interview, diskutieren Sie mit. Weitere Links finden Sie hier.

Transkript des Interviews zum Nachlesen

  1. Petra Koch:

    Die bekanntesten Anwendungsfälle der Blockchain sind Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether und vieles mehr. Dabei denken einige Personen, dass die darunterliegende Technologie nur etwas für den Finanzsektor ist. Wie sehen Sie das?

    0:02:41-2

  2. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Ja, Sie haben recht mit dieser Aussage, dass im Moment die Blockchain, im Wesentlichen über die Kryptowährung diskutiert wird. Gerade auch durch den Hype, der jetzt in den letzten Monaten entstanden ist, dass diese Kryptowährungen sehr stark in ihrem Wert gestiegen sind.

    Das Interessante ist aber nicht die Kryptowährung, sondern wirklich die Blockchain als darunterliegende Technologie. Und das ist eine Technologie, die es sehr gut ermöglicht sichere Transaktionen durchzuführen wie sie auch für die Kryptowährung benötigt werden. Sichere Transaktionen finden aber nicht nur bei Währungen statt, sondern in sehr vielen anderen Anwendungsfällen.

    Sei es in der Logistik, sei es in der Sicherung von Zertifikaten, sei es in der Prüfung von Vorgängen, von Prozessen oder ähnlichem. Und aus diesem Grunde hat die Blockchain sehr viel größeres Potenzial eigentlich außerhalb der Kryptowährungen als im Bereich der Kryptowährungen. Und wenn man sich mal anschaut, was im Moment auch an zusätzlichen Entwicklungen auf dem Markt passiert, dann sieht man, dass sich sehr viele eigentlich auf Blockchain-Anwendungen außerhalb der Kryptowährung-Szene letztendlich konzentrieren.

    0:03:44-5

  3. Petra Koch:

    Kommen wir gleich noch zu, aber was sind so aktuelle Anwendungsfälle, die Sie da noch sehen? Sie hatten einige schon genannt, Logistiksektor.

    0:03:52-9

  4. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Ja, der Logistiksektor und hier speziell die Verfolgung von Transportwegen, die Sicherstellung von Dokumenten, von Austauschdokumenten. In der Logistik geht es halt nicht nur darum, dass man sagen kann, ein Gut wird von A nach B transportiert, sondern Sie haben ja häufig damit verbundenen auch Dokumente, die transportiert werden, die abgezeichnet werden müssen.

    Sie haben Banken, die den entsprechenden Warentransport absichern und all das kann man über Blockchain-Anwendungen sehr gut unterstützen. Daneben, ein Projekt, an dem wir auch arbeiten, da geht es zum Beispiel darum, dass man Zeugnisse, Zertifikate sicher in einer Blockchain ablegen kann, um nachher auch zeigen zu können, dass man Inhaber eines Zertifikats ist, dass man wirklich einen Master hat, dass man ein akkreditierter Pressemensch vielleicht irgendwo ist oder aber auch, dass man habilitiert ist und dass man ähnliche Dinge wirklich hinter sich hat, um da eben auch Fälschungen vorzubeugen.

    Im Produktionsbereich bietet die Blockchain interessante Möglichkeiten, indem man dort zum Beispiel festlegen kann oder feststellen kann, ob der Produktionsprozess entsprechend der Qualitätskriterien durchgeführt worden ist. Also wurden Schrauben mit dem richtigen Drehmoment angezogen? Wurden die richtigen Temperaturen bei der Produktion verwendet? Wurden die Standard Operating Procedures eingehalten in all ihren Umfängen? Wurde der Prüfprozess ordnungsgemäß durchgeführt? Welche Messwerte wurden bei dem Prüfprozess gemessen und wie wurden die abgelegt? Also alles das, was man stellenweise in normalen Log-Büchern ablegt, kann man auch in einer Blockchain ablegen und damit steht die Information natürlich sowohl dem Prüfer als auch dem Prüfenden sehr schnell zur Verfügung.

    0:05:28-7

  5. Petra Koch:

    Super. Viele Leute sagen ja auch mit der Blockchain entsteht eine neue Generation des Internets. Ist das so? Was steckt genau dahinter? Können Sie dazu was sagen?

    0:05:38-9

  6. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Also viele sagen und wir sind da auch der Meinung, dass die Blockchain so die 4. Welle oder vielleicht auch die 4. Generation des Internets einleiten kann.

    Wenn wir uns mal die anderen anschauen, beginnen mit der ersten. Das war weniger das Internet als das World Wide Web, was doch die 1. Welle ausgelöst hat. Und zwar viele bezeichnen das so als das Web der Informationen. Ganz am Anfang als das Web entstand, haben wir dort Informationen abgelegt und Informationen dort auch in Gruppen in Kooperation weitergepflegt.

    Das bekannteste Beispiel dafür ist Wikipedia. Wikipedia hat eigentlich sehr viele Enzyklopädien abgelöst. Und da gibt’s eine sehr schöne Analogie zur Blockchain eigentlich auch. Denn Enzyklopädien wie die Encyclopedia Britannica oder der Brockhaus, hier gab es eine ausgewählte Gruppe von Experten, die zentral bestimmt hat, welche Information dort eingepflegt wird. Mit Wikipedia wurde dieser zentrale Ansatz aufgelöst und auf einmal ist es ein Netzwerk, ist eine Gruppe von Personen, die jetzt bestimmt, was wir als richtig anerkennen letztendlich. Das war also die 1. Welle. Das Internet wurde genutzt, um Information oder das World Wide Web wurde genutzt, um Informationen zu verteilen und einzusehen.

    Die nächste Welle war dann das Internet der Dienste. Dass wir im Netz nicht nur Informationen finden, sondern Dienste ausführen können. Wir machen Online-Banking, wir buchen Flüge, wir buchen Hotels, wir finden dort Wetterdienste. Das sind alles Bestandteile des Internets der Dienste. So und nach dem Internet der Dienste kommt dann das Internet der Dinge, nämlich dass wir all diese Dienste jetzt auch auf Geräte bringen können und über das Internet Geräte erreichen können.

    Im Smart Home sind das Glühbirnen, die wir ansteuern können, dass wir eine Heizung steuern können, dass wir im einfachsten Fall unser Paket, das wir online bestellt haben, tracken können. Damit wird eigentlich so ein Paket auch zu einem Bestandteil des Internets der Dinge, weil es über den Barcode immer wieder gescannt wird, wenn es von A nach B transportiert wurde und wir nachverfolgen können, wo das Gerät letztendlich ist. Oder andere viele Geräte, die jetzt im Bereich des Internets der Dinge entwickelt werden. Das ist die 3. Generation.

    Und das, was diese Dienste im Internet eigentlich auszeichnet, ist, dass wir hier eigentlich immer Daten teilen oder kopieren. Das heißt, wenn Sie sagen, Mensch, Herr Prinz, schicken Sie mir doch nachher mal diese PowerPoint-Präsentation, dann schicke ich Ihnen die entweder als eine Kopie oder ich schicke Ihnen eine PowerPoint-Präsentation als einen Link. Wozu ich aber nicht in der Lage bin, ist Ihnen die Rechte eindeutig an dieser PowerPoint-Präsentation zu geben. Oder die Rechte hier an diesem Podcast, das Recht, dass Sie diesen Podcast nachher wirklich veröffentlichen dürfen. Wie machen wir das? Das machen wir nachher wieder auf Papier. Indem ich Ihnen das zustimme.

    Wir können es aber nicht im Moment im Internet über einen Dienst eindeutig beschreiben bzw. diese Transaktion, diese Übertragung dieses Rechtes an diesem Podcast, dass Sie das veröffentlichen dürfen, haben wir im Moment kein Mittel, das im Internet eindeutig zu speichern und so sicher zu speichern, dass es fälschungssicher ist. So und da kommen wir jetzt zu der 4. Generation, nämlich des Internets der Werte, des Internets des Vertrauens, das über die Blockchain eingeleitet wird. Und da ist die Blockchain die Lösung, mit der ich Transaktionen sicher und unverfälschbar im Internet repräsentieren kann.

    Und das ist der Grund, warum viele dann von der 4. Generation des Internets sprechen, die sehr viele Geschäftsprozesse verändern kann, aber auch vielleicht zu ganz neuen Organisationsformen und wie einige Visionäre behaupten, vielleicht bis zu ganz neuen Gesellschaftsformen führen kann.

    0:09:19-3

  7. Petra Koch:

    Super. Und warum sollten sich jetzt CIOs und IT-Manager mit dem Thema Blockchain beschäftigen?

    0:09:25-2

  8. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Weil die Blockchain eine neue Technologie ist, die einige neue Geschäftsmodelle eröffnet, die stellenweise auch existierende IT-Anwendungen ergänzen kann und in einigen Fällen vielleicht sogar ersetzen kann. Man hört häufig das Argument, was kann ich denn jetzt mit einer Blockchain machen, was ich vorher nicht machen konnte? Und häufig zieht das Argument auch sehr gut. Man kann auch jetzt schon sehr viele der Prozesse, die ich eben auch genannt habe, mit Standard-IT-Lösungen abdecken.

    Sie können für vieles auch eine Standard-Datenbank nehmen. Wenn sie aber Fragestellungen haben, die dahin gehen, wie sichere ich die Transaktionen jetzt in einem Netzwerk ab, wie vertrauenswürdig ist denn mein Netzwerk, habe ich Intermediäre in meinen Prozessen, die mir eigentlich garantieren, dass ein Prozess ordnungsgemäß abläuft, habe ich Prüfer dabei, die irgendetwas auditieren, die einfach nur nachprüfen, ob ich das richtig gemacht habe und dass ich nicht nachträglich etwas gefälscht habe in meinem IT-System, dann bietet sich die Blockchain als eine wunderbare Lösung an, weil sie genau diese Fragestellung des Vertrauens, der Sicherheit von Transaktionen, der automatischen Verteilung von Informationen einfach über eine IT-Lösung absichert. Und damit werden über die Blockchain-Technologie neue IT-Komponenten für Unternehmen relevant, mit denen sich dann wiederum die CIOs und die IT-Manager beschäftigen sollen, nämlich zu überlegen, welche Vorteile kann ich aus dem Einsatz einer Blockchain-basierten Lösung in meinem Unternehmen ziehen?

    0:10:56-9

  9. Petra Koch:

    Jetzt haben wir schon ganz viel über das Thema Blockchain gehört. Die Grundprinzipien sind vielen aber noch unklar. Könnten Sie dazu noch ein bisschen was sagen? Wie funktioniert denn eigentlich so eine Blockchain? Was ist das Prinzip dahinter?

    0:11:09-1

  10. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Das rein akustisch zu erklären, ist gar nicht so einfach. Deshalb verwendet man normalerweise gerne Schaubilder, aber ich versuche das mal zu erklären. Vielleicht unterscheiden wir zunächst einmal zwischen ein paar Begriffen, die hier eine Rolle spielen.

    Wir haben einerseits die Blockchain als solche, als eine Technologie der Datenspeicherung. Letztendlich ist die Blockchain eine Möglichkeit Transaktionen sicher zu speichern, indem ich die Transaktionen zu Blöcken zusammenfasse. Indem ich also sage, okay, sobald ich jetzt 10 Transaktionen habe, dann fasse ich die zu einem Block zusammen, verschlüssele und signiere diesen Block und verkette ihn mit den bereits existierenden Blöcken, die auch andere Transaktionen schon sichern. Also fangen wir vielleicht bei null an.

    Sie haben die ersten 10 Transaktionen, die speichern Sie in einem Block, verschlüsseln diesen Block. Dann haben sie eine Blockchain, die zunächst mal nur aus einem Block besteht. Dann kommen wieder neue Transaktionen, die Sie speichern möchten. Diese Transaktionen sammeln Sie auch wieder auf, speichern die in einem Block, verschlüsseln diesen Bloch, aber als Besonderheit verketten Sie diesen 2. Block nun mit dem 1. Block, über einen sogenannten Hashwert.

    Dieser Hashwert, der basiert wiederum auf dem Inhalt des 1. Blocks. Und das Gleiche passiert dann jetzt mit dem 4. Block, mit dem 4. Block, mit dem 5. Block. Das heißt jeder Block enthält einen Verweis auf den Block davor, der 5. auf den 4., der 4. auf den 3. Und dieser Verweis ist abhängig auch von dem Inhalt des Blocks, der da vorliegt. Und sehen wir auch schon so langsam, warum das Ganze fälschungssicher ist, denn wenn ich jetzt natürlich im 2. Block etwas ändere, dann ändert sich auch der Hashwert, der den Inhalt repräsentiert. Und damit würde auf einmal diese Verlinkung des 4. auf den 3. Block, den ich vielleicht manipuliert habe, die würde nicht mehr passen. Die würde zerbrechen.

    Und damit würde man sofort erkennen, Halt, der 3. Block, der wurde nachträglich manipuliert. Denn der 4. Block enthält einen Link auf einen 3. Block, der nicht mehr gültig ist. Der Hashwert, der über den Inhalt gebildet wird, der ist nicht mehr so wie er ursprünglich war und deshalb muss nachträglich im 3. Block etwas geändert worden sein. Und so baut sich dann diese Blockchain auf und jetzt kann man natürlich argumentieren, wunderbar, wenn ich den 3. Block gefälscht habe, dann ändere ich natürlich danach auch mal schnell den 4. Block und dann den 5. Block und dann den 6. Block. Das heißt also ich rolle meine Blockchain im Prinzip nochmal neu auf und bringe damit im Prinzip meine Fälschung, die ich eingebracht habe, damit mache ich die gültige irgendwie.

    Dann kommen wiederum diese Verfahren ins Spiel, die wir jetzt bei den Kryptowährungen haben, wie zum Beispiel Bitcoin. Dass es gar nicht so einfach ist die Blöcke zu validieren und abzuschließen, sondern dass dahinter ein Krypto-Rätsel steckt, das erstmal gelöst werden muss und das eine hohe Rechenkapazität erfordert. Und das bedeutet, wenn ich jetzt den 3. Block ändere, dann muss ich zunächst mal dieses Krypto-Rätsel für den 3. Block neu lösen. Dann müsste ich es für den 4. lösen, für den 5., für den 6. Zwischenzeitlich gibt‘s aber schon einen 7., 8., 9., 10. Block, der auch schon an die Blockchain angehangen wurde von meinem Netzwerk.

    Und damit wird es natürlich dann auf einmal immer schwieriger meine Fälschungen im Netzwerk zu propagieren, weil die anderen eigentlich schon wieder neue Blöcke angefangen haben und ich gar nicht so schnell das Krypto-Rätsel lösen kann wie es schon wieder neue Blöcke am Ende gibt. Und damit wird das Ganze dann auch sehr sicher, sodass es eigentlich nicht möglich ist mit der Rechenkapazität, die ein einzelner haben kann, im Netzwerk Fälschungen zu propagieren.

    0:14:51-9

  11. Petra Koch:

    Das heißt aber auch, dass die Blockchain immer im Netzwerk auf jedem Rechner liegt, also auf jedem Knoten, der mitteilnimmt oder?

    0:15:00-1

  12. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Ganz genau. Das ist der nächste Punkt. Bis jetzt haben wir uns im Wesentlichen so über die Datenstruktur unterhalten, also die Blockchain als eine neuartige Datenstruktur. Und das Tolle ist, dass das Ganze dann in einem Peer-to-Peer Netzwerk auf vielen Rechnern im Netz gleichzeitig verwaltet wird. Und dann kommen wir genau zu dem Punkt, dass die Blockchain, also die Datenbank als solche, also die gesamte Datenmenge, liegt auf allen Knoten, ist also komplett repliziert auf allen Knoten. Das hat den Vorteil, wenn ein Knoten ausfällt, haben alle anderen Knoten das noch. Das heißt also Datensicherungsprobleme werden damit mehr oder weniger on the fly gelöst. Hat natürlich auch den Nachteil, was einige Leute dann anführen, naja, damit replizieren wir ja alle Daten, alle Transaktionsdaten massiv zu allen Knoten. Das heißt wir verschwenden endlos viel Speicher letztendlich, weil alle Knoten die gleichen Informationen besitzen.

    Das ist allerdings auch erforderlich, dass die alle die gleichen Informationen besitzen, um halt nachzuprüfen, ob irgendeiner angefangen hat Knoten zu manipulieren. Also wie gesagt hat einer hat die letzten 5 Knoten versucht zu manipulieren, dann entdecken natürlich die 100 anderen Knoten im Netz, dass er versucht hat da zu manipulieren. Die sagen natürlich wie über eine Mehrheitsentscheidung, nein, das kann ja gar nicht passen, was der da gemacht hat und zwischenzeitlich über das Krypto-Rätsel war der auch gar nicht in der Lage das alles so schnell zu ändern. Das sind so die Grundprinzipien, die dahinterstecken. Jetzt kann man natürlich diesem Argument, dass wir da massiv Daten replizieren, dem kann man entgegenhalten, dass man in einer Blockchain ja nur Transaktions-Informationen als einen Fingerabdruck speichert. Also Sie können sich die Blockchain jetzt nicht als eine Datenbank vorstellen, in der Sie jetzt großartige Dokumente abspeichern, gar Videofilme abspeichern, wo Sie jetzt großartig PowerPoint-Präsentationen ablegen.

    Sie legen eigentlich in dieser Blockchain immer nur einen Fingerabdruck, der sogenannte Hashwert des Datums ab, das Sie in der Blockchain absichern wollen. Also wenn wir z.B. sagen, wir nehmen hier diesen Podcast, den wir jetzt hier gemeinsam produziert haben und wir möchten jetzt einfach sicherstellen, dass immer noch nachvollziehbar ist, dass Sie diesen nicht nachträglich gefälscht haben. Nachdem ich ihnen, das ist eigentlich ein schönes Beispiel.

    Ich habe Ihnen jetzt die Erlaubnis erteilt diesen Podcast zu veröffentlichen und was wir dann machen, ist, wir bilden einfach den Fingerabdruck und beziehen den Hashwert dieses Podcast und speichert den in einer Blockchain ab. Und dann veröffentlichen Sie den. Und irgendwann verändern Sie den nochmal. Sie schneiden noch irgendeine wichtige Information raus. Damit verändern Sie natürlich automatisch den Hashwert, den Fingerabdruck dieses Podcast. Und wenn ich Ihnen dann nachweisen möchte, dass Sie auf einmal eine neue Version im Netz zur Verfügung stellen, die ich eigentlich damals gar nicht autorisiert habe, vergleichen wir einfach an den Hashwert des Podcast, den Sie neu ins Netz gestellt haben, mit dem, den ich damals autorisiert habe und da sehen wir, da ist ein Unterschied. Wir stellen nicht fest, was Sie geändert haben, aber wir sehen, dass der Fingerabdruck sich geändert hat. Und damit könnte ich Ihnen dann nachweisen, dass Sie nachträglich diesen Podcast nochmal manipuliert haben. Wovon ich natürlich in keinster Weise ausgehe.

    0:18:09-3

  13. Petra Koch:

    Genau. Sehr gut.

    0:18:12-9

  14. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Das ist jetzt eigentlich ein Beispiel dafür, wie man zum Beispiel Urheberrechte in einer Blockchain sehr gut sichern kann. Deshalb ist die Blockchain eben auch für die Medienindustrie interessant, wo man also Urheberrechte von bestimmten Inhalten festlegen kann. Ein anderes Beispiel wäre, wenn ich Ihnen jetzt einen supertollen Slogan für Ihre Podcast-Serie verrate oder mitteile. Dann würde ich vielleicht diesen Slogan vorher in einer Blockchain ablegen, sodass klar ist, Wolfgang Prinz hat Anfang Januar 2018 diesen Slogan in der Blockchain gespeichert.

    Dann habe ich Ihnen den nachher übermittelt. Sie sagen vielleicht, ach der interessiert mich nicht, veröffentlichen den aber nachher trotzdem. Und dann wird das ein Riesenerfolg. Und dann kann ich nachweisen, ha, Moment, ich bin aber der Urheber des Ganzen, schauen Sie mal nach. Vielleicht sagen Sie dann, ach, Herr Prinz, tut mir leid, im Dezember 2017 habe ich aber schon den gleichen Slogan in der Blockchain registriert, womit Sie dann nachweisen, dass Sie früher waren.

    0:19:05-4

  15. Petra Koch:

    Ja sehr gut. Was sind denn, wenn man das jetzt alles hört, aus Ihrer Sicht so die Herausforderungen und vor allem auch die Potenziale der Blockchain? Einiges haben wir schon angesprochen, aber da gibt’s sicher noch so ein paar Details, die man ergänzen könnte.

    0:19:18-4

  16. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Wir sehen im Moment, dass Blockchain nicht gleich Blockchain ist. Also es gibt unterschiedlichste Lösungen eine Blockchain zu realisieren. Wir sehen das einerseits mit der Bitcoin-Blockchain. Das ist eine Blockchain, die im Wesentlichen auf Kryptowährungen zielt, die bestimmte Verfahren hat, die diesen sogenannten Proof of Work hat, um im Prinzip zu validieren, dass Transaktionen in der Community geglaubt werden, um das Ganze abzusichern.

    Dann gibt es jetzt Etherium als eine Plattform zur Umsetzung von Blockchain-Lösungen, die wiederum ein ganz neues Konzept verfolgt, nämlich das Konzept der Smart Contracts. Wo man also sagen kann, mit einer Transaktion verbinde ich nicht nur die Transaktionsdaten, sondern auch noch einen Smart Contract. Ein Smart Contract ist ein Stück Code, das sind Regeln, die mit der Transaktion verbunden sind und die immer dann ausgeführt werden, wenn ich diese Transaktion ausführe beispielsweise. Und damit kann man zum Beispiel auch Transaktionen starten, die sagen, naja also ich überweise Ihnen letztendlich eine Veröffentlichungsgebühr für diesen Podcast, aber nur dann, wenn Sie das Ganze vor dem ersten 1-2. noch veröffentlichen. Und wenn Sie das danach machen, dann gibt‘s nur die Hälfte dafür. Also solche Dinge könnte ich in diesem Smart Contract noch umsetzen als bestimmte Regeln.

    Dann gibt es andere Blockchain-Infrastrukturen, die wiederum gar nichts mit Kryptowährungen zu tun haben, die sagen, uns interessieren Kryptowährungen eigentlich gar nicht. Wir versuchen eine Blockchain-Infrastruktur, ein Blockchain-Netzwerk für Business-Anwendungen zu sein. Da gibt’s also Fabric, die aus Hyperledger-Konsortium entstanden ist. Da gibt es überhaupt keine Kryptowährungen, denn diese Blockchain, die ist im Wesentlichen gedacht wirklich für Business-Anwendungen. Sie sehen, im Moment ist eine der Herausforderungen, dass ständig neue Lösungen entstehen, weil es ein ganz neues Gebiet ist.

    Und man muss jetzt immer schauen für mein Geschäftsmodell, für meinen Geschäftsprozess, für meine Problemstellung, die ich habe, was ist dafür eigentlich die richtige Blockchain? Welche Blockchain-Infrastruktur nutze ich dazu eigentlich? Nutze ich Etherium, nutze ich Fabric, nutze ich vielleicht IOTA, die nach einem ganz anderen Prinzip wiederum funktioniert und für das Internet der Dinge Lösungen anbietet? Oder nutze ich Ripple als eine andere Art der Umsetzung?

    Das heißt also aus der Anwendungssicht heraus haben wir die Anforderung zu schauen, welche Blockchain passt am besten zu meiner Anforderung, zu meiner Lösung, zu meiner Problemstellung? Wie setze ich meine Anwendung am besten mit einer Blockchain um? Das ist eine Herausforderung. Die andere Herausforderung ist natürlich zu schauen, was sind eigentlich meine Geschäftsprozesse, die eine Blockchain-Relevanz haben? Also eine Blockchain ist jetzt kein Hammer, mit dem man jeden Nagel in die Wand schlagen kann. Das wird ja stellenweise oft so kolportiert, dass jetzt die Blockchain, dass man damit alles lösen kann. Das ist nicht der Fall. Das ist eine Nischenlösung, im Moment noch für Nischenprobleme. Und im Moment ist man noch dabei zu suchen, wo können wir noch mehr Anwendung finden? Und wenn man jetzt eine Anwendung im Unternehmen sucht, dann gibt es so zwei, drei einfache Regeln, um eine Anwendung zu finden, die eine Blockchain-Relevanz hat und das wäre beispielsweise danach zu schauen, wo arbeite ich in einem Netzwerk zusammen?

    Also wo existiert ein Netzwerk, wo ich Transaktionen in einem Netzwerk absichern möchte? Dann ist da schon mal eine Blockchain-Relevanz gegeben. Noch besser ist es, wenn dieses Netzwerk eigentlich im Moment durch einen Intermediär am Leben gehalten wird, der mir Vertrauen und Sicherheit garantiert und ich sagen kann, naja diesen Intermediär könnte ich eigentlich durch eine Blockchain-Lösung ersetzen und damit Kosten sparen. Dann hat man auch schon wiederum einen Pluspunkt für eine Anwendung gefunden. Ein anderer Anwendungsfall ist einer, wo ich sehr viele Daten habe, die gesichert und protokolliert abgelegt werden müssen und wo dieses Protokoll fälschungssicher sein muss.

    Das können Produktionsdaten sein, das können in einer Supply Chain Transaktions- oder Tracking-Daten sein, wo ich nachweisen möchte, dass dieses hochwertige Produkt wirklich über diesen Weg, mit diesen Mitteln transportiert worden ist und unterwegs nicht ausgetauscht wurde oder ähnliche Sachen passiert sind. Und wenn ich also diese Kriterien anlege, also Netzwerk, ein Intermediär, der mir Sicherheit garantiert, ich habe Daten, die ich sicher protokollieren möchte. Wenn man diese einfachen Fragen zunächst mal stellt und damit einen Prozess findet, dann hat man schon einen guten Anwendungsfall für die Blockchain gefunden. Und das sind so Herausforderungen eigentlich aus der Anwendersicht.

    Also wie finde ich erstmal einen Blockchain-geeigneten Prozess? Wie kann ich damit einen Mehrwert schaffen? Das liegt im Moment darin, dass ich Kosten einspare über die Blockchain, indem ich zum Beispiel den Intermediär verdränge oder ein Mehrwert dadurch schaffe, dass ich eine höhere Qualität in meinem Prozess anbieten kann oder stellenweise einfach auch Papierflüsse mit unterzeichneten Dokumenten elektronisch auf eine Blockchain bringe. Indem man einfach im Logistikprozess zum Beispiel irgendwelche Frachtdokumente oder ähnliches darüber fälschungssicher ablegen kann. Damit kriege ich eine Optimierung meines Prozesses, kann eine bessere Qualität garantieren, werde schneller. Und damit habe ich einen Mehrwert über die Blockchain gefunden eigentlich.

    0:24:24-3

  17. Petra Koch:

    Das heißt aber auch, dass die Blockchain, das hört man häufig auch von den Leuten immer, gleich mit digitalen Geschäftsmodellen verknüpft wird. Das ist es eigentlich gar nicht, man kann, wenn ich Ihnen so zuhöre, auch ganz viele Themen, die schon in den traditionellen Geschäftsmodellen vorhanden sind, insofern durch eine Blockchain automatisieren, vielleicht verbessern oder Kosten einsparen oder ähnliches, richtig?

    0:24:46-7

  18. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Ja richtig, genau. Also es ist wirklich nicht nur auf digitale Geschäftsprozesse reduziert, sondern ich kann natürlich auch reale Objekte mit einer Repräsentanz in der Blockchain versehen. Es gibt da ein sehr schönes Beispiel. Zum Beispiel, dass man über eine Blockchain-Lösung verfolgen kann, woher ein Diamant kommt.

    Ein Diamant ist nun mal ein außerordentlich reales Objekt und mit dieser Blockchain-Lösung kann halt getrackt werden, ob ein Diamant ein wirklich in einer sauberen Mine geschürfter Diamant ist, also kein Blutdiamant ist und welchen Weg der eigentlich genommen hat. Weil man Eigenschaften eines Diamanten identifizieren kann und damit den Diamanten in einer Blockchain repräsentieren kann. Und so kann man festlegen, wo wurde der Diamant gefunden? Wo wurde er transportiert? Wo wurde er weiterverkauft? Und wo wurde er zum Schluss nachher weiterverarbeitet? Damit haben wir eigentlich eine Lösung, wie eine Realwirtschaft sehr schön mit einer Blockchain unterstützt werden kann.

    0:25:40-8

  19. Petra Koch:

    Ja, sehr gut. Genau. Also mir fallen auch noch einige Themen ein. Also Börsentransaktionen usw., das ist ja schon eher der Klassiker. Aber zum Beispiel auch so Verwaltung von Grundbücher oder ähnliches. Sie haben das eben auch angesprochen, Zeugnisse oder ähnliche Sachen, über die man vielleicht im ersten Schritt gar nicht nachdenken würde.

    0:25:56-2

  20. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Ja genau. Diese Grundbuchverwaltung, das wird häufig als eine typische Blockchain-Anwendung genannt. Der Grund liegt natürlich darin, dass eine Blockchain ja auch so etwas ist wie ein eine Buchhaltung. Im Englischen ist es ja Ledger, also ein Kontenbuch, ein Distributed Ledger, ein verteiltes Kontenbuch. Und ein Grundbuch ist ja auch nichts anderes als ein Kontenbuch. Da stehen die Grundstücke drin. Und wenn ein Grundstück jetzt übereignet wird, dann wird vermerkt, dass das Grundstück mit der Flurmarkierung XY an eine neue Person übertragen wird. Und das kann ich natürlich auch mit einer Blockchain repräsentieren, das kann ich digitalisieren. Natürlich sind viele Grundbücher jetzt auch schon digitalisiert in anderen Datenbanken, aber es gibt ja immer noch das Grundbuchamt als die Institution, der ich vertraue, dass dort über den Notar, der ja auch eine Vertrauensperson ist, meine Grundbuchumschreibung ordnungsgemäß durchgeführt wird.

    Nämlich genau dann, wenn das Geld transferiert wurde, wenn der Notar das geprüft hat, das dann an das Grundbuchamt gegeben hat und dann das Grundbuchamt diese Transaktion durchführt und das entsprechend in dem Grundbuch sauber einträgt. Hier liegt mein Vertrauen natürlich in den Personen und in den Institutionen, in der Institution Notar, in der Institution Grundbuchamt. Und jetzt sagen natürlich sehr viele Blockchain-Enthusiasten, naja, dieses Vertrauen, das ich dort in die Institution habe, das kann ich auch in die Algorithmen bringen.

    Denn wenn ich eine Grundbuch-Blockchain habe und ich Ihnen jetzt ein Grundstück übereigne, dann kann ich das auch komplett in einer Blockchain abwickeln. Und das stimmt. Das kann man machen. Aber ich glaube das wird in Ländern wie Deutschland, wo wir ein wunderbar funktionierendes System haben, wo wir ein unermessliches Vertrauen letztendlich in Institutionen wie Notare und Grundbuchämter haben, da wird das so schnell nicht passieren. Also wir werden hier nicht so schnell anfangen, dass wir unser Grundbuch jetzt auf eine Blockchain-basierte Lösung bringen. Aber denken Sie mal an Länder, wo das nicht der Fall ist, wo es dieses Vertrauen in die öffentliche Verwaltung nicht gibt, wo es vielleicht gar keine Grundbücher gibt.

    Da bietet sich natürlich an, darüber nachzudenken, dass man gleich sagt, naja bevor wir da jetzt anfangen das auf althergebrachte Weise zu machen, könnte man das natürlich letztendlich über eine Blockchain-basierte Lösung machen. Und da sehen wir eigentlich auch hier eine schöne Parallelität wiederum zu den Kryptowährungen. Die Kryptowährungen argumentieren ja auch, dass sie Banken in diesem Falle eigentlich überflüssig machen. Und wenn ich Ihnen jetzt etwas online überweise, dann haben wir ja auch das Vertrauen, dass die Bank, wo ich mich online anmelde und ihnen dann 10 Euro überweise, dass diese Bank das ordnungsgemäß ausführt und dass kein IT-Mensch irgendwo mit einem Superuser-Passwort tief unten drin aus den 10 Euro 100 Euro macht.

    Das ist aber organisatorisch abgesichert, auch technisch abgesichert, die haben natürlich auch ihre Mittel, technischen Mittel, um das zu verhindern, dass das einer macht. Aber im Wesentlichen habe ich das Vertrauen hier in die Bank, in die Institution. Bei der Kryptowährungen, wenn ich Ihnen jetzt 10 Bitcoins überweise, sagen wir aber lieber mal ein Tausendstel Bitcoin …

    0:29:14-7

  21. Petra Koch:

    Das wird sonst ganz schön teuer.

    0:29:15-8

  22. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Das wird teuer, genau. Wenn ich Ihnen jetzt diesen Tausendstel Bitcoin überweise, dann habe ich eigentlich nur ein Vertrauen in die Algorithmen, in das Netzwerk, dass das ordnungsgemäß abgewickelt wird, eigentlich nicht mehr in die Institution Bank. Das löst das Ganze ab letztendlich. Und das ist das, was vielleicht in einigen Jahren auch zu einigen Veränderungen führen kann. Nämlich, dass es Organisationen gibt, die eigentlich nur virtuell in einer Blockchain existieren.

    Und dann kommen wir zu einem weiteren Begriff, den man häufig in der Szene hört, das sind Dezentralised Autonomous Organizations, die DAOs. Das sind Organisationen, die sich eigentlich nur dadurch bilden, dass man die Organisationsregeln über ein Smart Contract abbildet und den dann in die Blockchain einbringt als eine Transaktion und sagt, so, ab jetzt gibt es diese Organisation und diese Organisation ist durch die Regeln bestimmt, die wir in dem Smart Contract programmiert haben. Damit verlagere ich auf einmal alles das, was wir so an Institutionen kennen, mit schönen Betongebäuden, verlagern wir auf einmal in Code, der in einer Blockchain läuft.

    0:30:28-7

  23. Petra Koch:

    Jetzt kommen viele Unternehmen derzeit auch auf die Idee, ich kriege das immer mit, dass sie sagen, ah, wir machen unsere eigenen Blockchain und entwickeln da jetzt was. Und ganz viele Labs entstehen auch in den Firmen selber. Ist das denn überhaupt sinnvoll seine eigene Blockchain zu entwickeln?

    0:30:43-8

  24. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Da kommen wir jetzt eigentlich zu einem weiteren interessanten Punkt. Nämlich das, was wir bei der Technik eben noch nicht diskutiert haben, war die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Blockchain. Öffentliche Blockchains sind die Blockchain-Infrastrukturen und Netzwerke wie zum Beispiel Bitcoin oder aber Etherium, wo jeder mitmachen kann.

    Sie können jetzt nach diesem Podcast auf ihrem Rechner einfach anfangen auch einen entsprechenden Knoten zu installieren. Und dann werden sie Teil dieses öffentlichen Netzwerks. Es ist heutzutage nicht mehr zu empfehlen, weil Sie heute schon eine sehr große Rechenpower eigentlich benötigen, um da sinnvoll mitarbeiten zu können. Aber Sie können das machen. Das kann niemand verhindern, weil es eine öffentliche Blockchain ist. Jetzt gehen viele Unternehmen hin und sagen, wir starten hier, wir beteiligen uns eigentlich nicht an dieser öffentlichen Blockchain, sondern wir experimentieren zunächst in einer privaten Blockchain.

    Das heißt Sie nehmen die Software, diese Etherium Software, ist ja eine Open-Source-Software, anstatt jetzt zu sagen, ich beteilige mich an dem großen Etherium-Netzwerk, ich nehme mir jetzt einfach mal die Software, installiere die hier auf meinem PC und noch auf einem anderen PC und da baue ich jetzt erstmal ein kleines Netzwerk auf, um mit dieser Technologie zu experimentieren. Sie können andere Lösungen nehmen wie zum Beispiel Fabric, was ja eben aus diesem Hyperledger-Konsortium kommt und was im Moment sehr stark von IBM supported wird. Das können Sie sich auch installieren.

    Oder Sie gehen in eine Cloud und sagen, ach da probiere ich jetzt mal mit so einer ganz kleinen Blockchain-Installation in einem privaten Netzwerk meine Anwendungen aus. Und das ist das, was viele Unternehmen machen. Das heißt die entwickeln in einem privaten Netzwerk, in einer privaten Blockchain-Installation ihre Lösungen, um Proof of Concepts durchzusetzen. Und das ist natürlich sehr sinnvoll.

    Das heißt also in einer privaten Umgebung zunächst mal mit der Blockchain zu experimentieren, ja eine eigene Blockchain zu entwickeln, also zu sagen, ich entwickle mir jetzt meine eigene Blockchain-Infrastruktur, das ist für Unternehmen zunächst nicht sinnvoll, weil man eben davon profitieren kann, dass es einige Lösungen gibt, die auch Open Source sind, die man nutzen kann, also Fabric, Ehterium, BigchainDB und ähnliche Lösungen kann man dafür auch nutzen.

    Das heißt also eine eigene Blockchain-Infrastruktur entwickeln, ist nicht sinnvoll, aber in einem geschlossenen Netzwerk, damit zu experimentieren als private Blockchain, man nennt die häufig auch zugangsbeschränkte Blockchain, das heißt also das Netzwerk selber bestimmt darüber, wer teilnehmen darf oder aber manchmal auch Konsortial-Blockchains oder Consortium-Blockchain, wo man also sagt, okay, die Firma mit der Firma B und die Firma C, die haben schon ein existierendes Produktions-Netzwerk und die wollen jetzt ihre Produktionsdaten in einer Blockchain sichern. Aber das wollen die nicht in den öffentlich machen. Die betreiben ihre eigene kleine Blockchain auf 3 Knoten und profitieren dann von all den Eigenschaften, die diese Blockchain-Lösungen bringen. Im Prinzip installieren sie sich eine eigene kleine verteilte Datenbank in dem Sinne. Und das ist alles sehr sinnvoll.

    Und da unternehmen viele Unternehmen aktuell erste Proof of Concepts, um ein Gefühl dafür zu bekommen wie sinnvoll ist die Technologie? Wie einfach es ist damit umzugehen? Wie kann ich damit meine Geschäftsprozesse optimieren?

    0:33:55-7

  25. Petra Koch:

    Super. Sie selber betreiben auch ein Blockchain-Lab beim Fraunhofer und entsprechende anwendungsorientierte Forschung in dem Bereich. Aus Ihrer Erfahrung heraus, was sollten CIOs und IT-Manager beachten, wenn sie jetzt so ein Schritt wagen und sagen, okay, wir experimentieren in unserem Unternehmen mit der Blockchain, bauen uns vielleicht entsprechende Sachen erstmal selber im Kleinen auf? Welche Fähigkeiten sind da notwendig auch innerhalb der Organisation und bei den Mitarbeitern, um sowas zu etablieren?

    0:34:22-4

  26. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Vielleicht zunächst mal kurz zu einem Prozess, den wir so vorschlagen, den man durchlaufen kann, um die ersten Schritte zu tun. Das ist auch das, was wir hier in unserem Blockchain-Lab anbieten, was wir jetzt schon erfolgreich mit einigen Kunden gemacht haben.

    Der erste Schritt ist sich einfach erstmal über die Blockchain-Technologie zu informieren. Ein Gefühl dafür zu bekommen, wie funktioniert das eigentlich, um so viele der Mythen auch erstmal beiseite zu räumen, die es gibt rund um Blockchain. Das kann man an einem Tag schaffen. Da reicht ein Tag, um zu erklären, was ist die Technologie hinter der Blockchain? Was gibt es da für unterschiedliche Lösungen? Was heißt eigentlich dieser Proof of Work? Und ich habe so Vorurteile, ich habe gehört, um da etwas zu machen, da ist die Energie eines Haushalts von einem Monat, um eine Transaktion abzusichern und all das. Um damit mal aufzuräumen, um mal zu zeigen, welche Lösungen gibt es hier wirklich für Unternehmen. Sodass man ein Technologie-Verständnis dafür hat, um das selber auch besser bewerten zu können.

    Der zweite Schritt ist dann zu analysieren, welche Prozesse sind in meinem Unternehmen Blockchain-relevant. Wir haben eben schon ein paar Kriterien gehört. Und dann legt man diese Kriterien an. Oft haben die Unternehmen auch schon Ideen und sagen, Mensch, in diesem Prozess, da glauben wir, da könnten wir mit der Blockchain etwas machen. Dann legt man im Prinzip so ein Bewertungsmuster auf diese Prozesse und zum Schluss purzeln dann einige Prozesse heraus, wo man sagt, die könnten wir über die Blockchain optimieren oder verbessern. Wovon wir da sprechen, ist so eine Art Backoffice-Optimierung.

    Ein anderer Schritt ist natürlich auch in einem Idea Generation Prozess mal darüber nachzudenken, welche neuen Geschäftsmodelle können wir eigentlich über die Blockchain anbieten? Und hier gibt es auch ganz interessante Möglichkeiten, nicht nur existierende Prozesse zu optimieren, sondern ganz neue Geschäftsmodelle zu finden. Zum Beispiel von einem normalen Verkauf auf ein Pay per Use umzusteigen, indem man jetzt seine Geräte nicht mehr verkauft, sondern nur noch die Nutzung bezahlen lässt und die Protokollierung der Nutzung über eine Blockchain macht. Das heißt also die Geräte protokollieren automatisch die Nutzung durch den Nutzer in der Blockchain und über Smart Contracts wird automatisch auch abgerechnet. Man sagt also, okay, das Gerät ist jetzt so oft genutzt worden und die und die Produkte sind damit produziert worden und dafür haben wir fair vertraglich festgelegt, dass dafür dieses Entgelt zu zahlen ist und das wird automatisch über die Blockchain ausgelöst und abgerechnet.

    Da kann ich also auch neue Geschäftsmodelle über die Blockchain finden letztendlich. Ja und der dritte Schritt ist dann, wenn man das gefunden hat, dann Proof of Concepts umzusetzen. Da kann man dann auch von wenigen Wochen bis zu ein paar Monaten sehr schön Proof of Concepts umsetzen, die dann auch schon vielleicht mit den eigenen Daten funktionieren, in die eigene Unternehmens-IT integriert ist, um zu sehen, wie performant ist das eigentlich? Wie skaliert das eigentlich? Welche Blockchain-Infrastruktur ist die richtige für mich? Wie integriere ich das in mein Partner-Netzwerk und ähnliche Dinge.

    Das wäre so ein normaler Prozess, den man durchlaufen kann. Wenn man jetzt sieht, welche Anforderungen da gestellt werden, jetzt zum Beispiel ein Mitarbeiter oder welche Fähigkeiten dazu notwendig sind. Man muss schon ein Verständnis der Blockchain-Technologie haben. Man muss ich mit den Krypto-Verfahren auskennen. Man muss wissen, was bedeutet es eigentlich, wenn etwas signiert wird, Public und Private Key-Verfahren und ähnliches. Wissen darüber ist schon erforderlich.

    Und dann muss man das auch so sehen, man darf nicht davon ausgehen, dass man sagt, naja ich weiß ja wie heutzutage meine Programmierumgebungen im Datenbankumfeld aussehen und welche tollen Werkzeuge es dazu gibt und jetzt erwarte ich, dass eigentlich die Blockchain-Plattform, die ich hier nutze, mit all den gleichen Toolkits um die Ecke kommt. Das ist noch nicht der Fall. Also da muss man stellenweise wirklich low level programmieren, eine hohe Frustrationstoleranz haben, die Systeme sind in Bewegung, viel experimentieren und stellenweise auch neue Programmierkonzepte, neue Programmiersprachen lernen. Aber dazu sind letztendlich auch gute Entwickler und gute Informatiker meistens in der Lage.

    0:38:24-1

  27. Petra Koch:

    Genau.

    0:38:24-6

  28. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Aber es ist eine Umstellung.

    0:38:26-8

  29. Petra Koch:

    Wenn Sie einem bzw. einem IT-Manager einen einzigen Tipp geben könnten, welcher wäre das?

    0:38:32-9

  30. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Sich mal intensiv mit der Blockchain-Technologie auseinander zu setzen, um entscheidungsfähig zu sein in Bezug auf die eigenen Prozesse, um festlegen zu können, welche Relevanz hat die Blockchain für mich. Und dann zu experimentieren, wirklich jetzt anzufangen dort eigene Proof of Concepts zu machen und zu experimentieren damit. Und als letzten Tipp natürlich dann uns zu fragen, weil wir helfen gerne dabei.

    0:39:00-9

  31. Petra Koch:

    Sehr gut. Ja wunderbar. Ja, Herr Professor Prinz, vielen Dank für das spannende Interview. Hat glaube ich für viele CIOs und IT-Manager sehr viele Fragen gelöst. Vielleicht auch eine Motivation gegeben sich mit dem Thema Blockchain mal eingehend zu beschäftigen. Das hoffe ich auf jeden Fall. Insofern vielen, vielen Dank.

    0:39:17-7

  32. Prof. Dr. Wolfgang Prinz:

    Ja, sehr gerne. Und auf Wiederhörn!

    0:39:21-0

Bildnachweis: © Barbara Frommann – Genehmigung von Prof. Dr. Wolfgang Prinz

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